Bibliotheken: Ist das noch Punk?

24. Juni 2007 um 21:05 2 Kommentare

Ausgehend von der Frage, welche Bibliothek in der aktuellen T-Home-Werbung als Kulisse dient (Antwort: das Real Gabinete Português de Leitura in Rio de Janeiro der salle ovale der Bibliotèque nationale de France) hat sich in der deutschsprachigen Bibliotheks-Mailingliste Inetbib eine überraschende Diskussion zum Thema Punk(musik) entwickelt. Anstatt als bekennender Pseudo demnächst mit Dosenbier in die Bibliothek zu kommen und heimlich Slime-CDs in die OPACs von GBV-Bibliotheken einzuspielen, gehe ich aber lieber erstmal zum Konzert von World/Inferno Friendship Society. Als Vorband spielt Kackfeuer. In diesem Sinne: Fuck You! and Do Anything You Wanna Do!

Treffen der Informationsarchitekten und der vernetzen Wissensorganisatoren

24. Juni 2007 um 18:44 Keine Kommentare

Am 6. Juli ab etwa 19:00 Uhr findet in Berlin der zweite Stammtisch der Informationsarchitektur-Interessierten statt. Da es einen Mini-Kurzvortrag zu Facettenklassifikationen geben wird, ich schon einige Wochen nicht in der Hauptstadt war und in meinem Terminkalender am 6. noch nichts steht, werde ich wohl dabei sein.
[Hinweis von Jan via Xing]

Wen statt (oder zusätzlich zu) Cocktails und Informationsarchitektur mehr die wissenschaftliche Wissensordnung angetan hat, der sollte sich den 21. September in Budapest freinehmen, denn dort findet der 6th European Networked Knowledge Organization Systems (NKOS) Workshop statt. Deadline für Einreichungen (500 Wörter reichen) ist … in 5 Tagen (ups!).
[Hinweis von Traugott Koch]

Dänische Nationalbibliothek kooperiert mit LibraryThing

24. Juni 2007 um 13:27 2 Kommentare

Wie Bernd Wunsch in der Mailingliste NGC4LIB mitteilt, will die Dänische Nationalbibliothek in Zukunft mit LibraryThing kooperieren. Die Anzahl der von zahlreichen Buchliebhabern in LibraryThing eingetragen Titel hat inzwischen die 15 Million überschritten (zum Vergleich: im GBV-Verbundkatalog sind momentan über 27 Millionen Titel, die Library of Congress hat etwa 30 Millionen Titel).

Vorraussichtlich nach der Sommerpause sollen in Dänischen Verbundkatalog unter http://bibliotek.dk/ Funktionen von LibraryThing verfügbar sein. Im DNLA newsletter, der sich allgemein dem Thema Web 2.0 widmet, wird die Motivation für diese Entscheidung erklärt: Anstatt einen erfolgreichen Dienst mit großem Aufwand zu kopieren, ist es viel sinnvoller, mit LibraryThing zu kooperieren. So können den Benutzern direkt

  • Bücher bewerten, kommentieren und diskutieren und die Bewertungen, Kommentare und Diskussionen anderer Nutzer einsehen
  • Bücher mit eigenen Tags versehen, die Tags anderer Nutzer einsehen per Tags Suchen
  • Eigene Büchersammlungen anlegen

Zur Umsetzung wird der Dänische Verbundkatalog als Datenquelle in LibraryThing eingebunden (der GBV ist dort übrigens bereits vorhanden) und wie ich vermute die Benutzeroberfläche des Dänischen Katalogs mit Links auf und Inhalten von LibraryThing angereichert.

Ich hoffe, dass wir vergleichbare Kooperationen auch bald mit deutschen Bibliotheken und Bibliotheksverbünden bekommen. Möglichkeiten zur Diskussion dieser Möglichkeiten und der dazu notwendigen Schritte wird es unter anderem auf dem nächsten Berliner Bibliothek 2.0-Stammtisch, einer angedachten Bibliotheks-Unkonferenz und der GBV-Verbundkonferenz in Bremen geben. Zur nächsten Inetbib-Tagung in Würzburg sollte es dann hoffentlich schon einige Ergebnisse geben.

[Hinweis via IB Weblog, danke an Lene für die Übersetzung aus dem Dänischen]

Thunderbird als Adressverwaltung

19. Juni 2007 um 00:25 4 Kommentare

Ich muss zugeben, dass ich noch der altmodischen Sorte von Menschen angehöre, die ihre Mails, Kontaktadressen und Termine nicht irgendeinem Web 2.0-Dienst wie Gmail oder Xing anvertrauen, der sie dann im Zweifelsfall an diverse Datenkraken weitergibt. Stattdessen nutze ich seit einigen Jahren Thunderbird und (mindestens bis Sunbird/Lightning ausgereift ist) einen normalen Terminplaner auf Papier. Mit dem kürzlich erschienenen Thunderbird 2.0 (die Versionsnummer war wohl keine Absicht) sind einige nützlichen Eigenschaften hinzugekommen, allerdings ist die Standard-Adressverwaltung noch recht rudimentär. Um vCard im- und exportieren zu können und endlich auch einheitlich Geburtstage speichern zu können, eignet sich das Plugin MoreColsForAddressBook empfehlen [via heimo].

Mit Hilfe dieses Plugins kann ich auch endlich auf normalem Weg mit Menschen in Verbindung treten, deren Kontaktdaten mir nur über ein Profil bei Xing bekannt sind. Deren Mailadresse ist nämlich unter „vCard herunterladen“ versteckt, damit sich die 2.0-Menschen fleissig Nachrichten über Xing schicken anstatt per E-Mail wie seit 1971 die 1.0-Menschen. Per LDAP (auch so ein Prä-2.0-Technik) lassen sich in Thunderbird übrigens auch ganze Adressbücher einbinden, was vor allem in Unis und Firmen recht praktisch ist. Jetzt könnte ich noch die Brücke zum Sigelverzeichnis und Bibliotheksadressen per LDAP schlagen, aber das ist ein anderes Thema.

Bücher zum Thema Freies Wissen

17. Juni 2007 um 19:56 Keine Kommentare

Die Maikatze hat neulich auf zwei Bücher zum Thema Freies Wissen hingewiesen (beides Sammelbände): Freie Netze. Freies Wissen herausgegeben Januar 2007 von Leonhard Dobusch und Christian Forsterleitner und Wissen und Eigentum herausgegeben Oktober 2006 von Jeanette Hofmann. Beide Bücher sind (wie auch das letztes Jahr in Übersetzung erschienene Freie Kultur von Lawrence Lessig, auf das ich hier nochmal hinweisen möchte) online verfügbar unter verschiedenen Lizenzen, lohnen die Anschaffung allerdings auch in gedruckter Form Außerdem gibt es inzwischen das dritte Open Source Jahrbuch (ebenfalls frei zum Download), in das ich allerdings noch keinen Blick geworfen habe.

Schöne Spielerei GPS und Google-Alternative World Wind

17. Juni 2007 um 17:44 Keine Kommentare

Den GPS-Koordinaten nach kann ich hiermit bestätigen, dass ich auf dem heimischen Balkon sitze 🙂 Angeregt durch das OpenStreetmap Projekt (siehe Blogeintrag) habe ich mir nun mit dem WBT-201 (Wintec G-Rays 2) ein GPS-Gerät zugelegt: Der GPS-Logger hat kein eigenes Display aber sehr gute Empfangseigenschaften. Informationen zur Konfiguration unter Linux habe ich dem Wiki von Andy Armstrong entnommen bzw. dort eingetragen, unter Mac OS X hat mein Mitbewohner es auch schon zum Laufen bekommen.

Ich muss zugeben, dass GPS vor allem eins ist: eine schöne Spielerei. Und Möglichkeiten, die selber gesammelten Koordinaten auf Karten anzeigen zu lassen, gibt es viele: Längst ist Google Maps nicht mehr allein, Yahoo! Maps, Microsoft Live Local und Ask.com Maps bieten vergleichbares, eine nichtkommerzielle Open-Source-Alternative zu Google Earth ist NASA World Wind, das inzwischen in Java und mit unterstützung der Free Earth Foundation (FEF) entwickelt wird (Siehe WorldWindWiki). Was die FEF („a non profit organization that promotes free GIS and geodata“) genau unter „free“ verstehen, ist mir noch nicht ganz klar, aber die Organisation sieht schon mal ganz vielversprechend aus.

Update: NASA World Wind wird unter dem NASA Open Source Agreement, das laut FSF zwar keine freie Lizenz im strengen Sinne ist, dieser aber recht nahe kommt. Dank der Möglichkeit von Plugins dürfte die Beschränkung in der Praxis nicht so relevant sein. Die meisten Daten für World Wind sind Public Domain. Sehr schön!

Freie Inhalte aus deutschen Fernseharchiven

13. Juni 2007 um 00:08 6 Kommentare

Ehe sie ganz vergessen ist, hier noch etwas Nachlese der ISI/IUK2007: Mit ihrem Beitrag Vom „Public Service“ zum „Public Value“ – Öffentliche Programmarchive der Zukunft als digitale Wissensspeicher konnten Dietmar Schiller (Leiter des Fernseharchivs des Rundfunk Berlin-Brandenburg, rbb) und seine Kollegen Veit-E. Jauß und Bodo Schindler zusammen mit Juliane Burghardt und Nadine Fijalkowytsch (Uni Potsdam/FU Berlin) eine gute Nachrichten für das Freie Wissen vorbringen: Mit der geplanten Digitalisierung und Öffnung der öffentlich-rechtlichen Fernseharchive sollen die gesammelten Schätze möglichst als Freie Inhalte zur Weiternutzung bereitgestellt werden.

Zuvor hatte bereits die BBC 2004 damit begonnen, Teile ihres Archivs ins Internet zu stellen – allerdings unter einer nicht CC/GFDL-kompatiblen Lizenz und nur zur privaten Nutzung durch britische Bürger. Mitte April diesen Jahres kündigte die Runfunkanstalt dann an, ihr gesamtes Archiv zu öffnen, allerdings nach den bisherigen Plänen mit DRM verkrüppelt und nicht wirklich frei.

In den deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten scheint es weitsichtigere Köpfe zu geben, zumindest im Archiv des rbb. Im Vortrag auf der Kölner Tagung wurden „Ausgehend von theoretischen Konzeptionen Ãœberlegungen zu einem Programmarchiv der Zukunft angestellt, das sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlt und einen Mehrwert für alle darstellt.“ (Zitat aus dem Vortrags-Abstract). Nach der Darstellung Dietmar Schillers steht die ARD unter Legitimationsdruck mit ihren Inhalten, einen Mehrwert für die Gesellschaft zu geben. Der Bestand an digitalem Material wächst beständig (sowohl neues Material als auch durch die Digitalisierung von Bestehendem) und ebenso der Bedarf, die Inhalte auch jenseits der herkömmlichen Distributionskanäle verfügbar zu machen. Um einen Mehrwert zu schaffen, sollten die Film- und Tonbeiträge nicht nur einfach zur Verfügung gestellt werden, sondern auch weiterverwendet werden können, damit neue Werke entstehen – was eben nur unter einer freien Lizenz möglich ist.

Ich befürchte, bis die Öffentlich-Rechtlichen ihre Archive soweit wie möglich öffnen und freigeben, ist es noch ein langer Weg – die Öffnung ist aber unvermeidlich. Dass die Nutzer ansonsten mehr und mehr selber mitschneiden und bei diversen Videoplattformen hochladen, ist ja auf Dauer doch unbefriedigend.

Bis jetzt sind im Deutschen Rundfunkarchiv zumindest Teile des Archivs über das Web für Mitarbeiter zugänglich. Wie es bei den Archiven der einzelnen Anstalten aussieht, weiss ich nicht. Vielleicht ist an dieser Stelle der Föderalismus mal ganz gut: So könnte beispielsweise schon mal der rbb mit einer Öffnung seines Archivs Flagge für Freies Wissen zeigen und so seine Innovativität unter Beweis stellen. Gut gefallen hat mir auch das im Vortrag angeführte Bild von Medienanstalten als Sportmannschaften im Stadion: Während die BBC schon losgelaufen ist, sitzt die ARD noch in der Kabine und bindet sich die Schuhe zu. Ich würde hinzufügen, dass die BBC die Regeln des Fair-Play noch nicht ganz verinnerlicht hat, aber das können dien ARD-Anstalten ja dann besser machen.

P.S.: Aus aktuellem Anlass und via Infobib noch der Hinweis auf die PHOENIX Bibliothek, wo ich mir endlich mal den Auftritt Schröders nach der Wahlniederlage 2005 ansehen kann. Leider nur in prorietären Formaten und unter Vorbehalt; es wird sich aber schon jemand finden, der die Interessanten Videos konvertiert und anderweitig bereitstellt, bis die Sender merken, wohin die Entwicklung geht.

Digitales Vergessen der anderen Art

12. Juni 2007 um 00:59 1 Kommentar

Bislang bedeutet Digitales Vergessen vor allem ein Problem der Langzeitarchivierung: Zwar sind digitale Daten verlustfrei kopierbar – ohne Umkopieren und aufwändige Konvertierungen ist aber nach einigen Jahrzehnten wenig mehr übrig, während Papier bekanntlich geduldiger ist. Auf eine andere Form „digitalen Alzheimers“ weist Florian Rötzer im Artikel Droht uns die „digitale Demenz“? in Telepolis hin (auch als Heise-Kurzbeitrag): Koreanische Mediziner berichten, von jungen Leuten, die sich angesicht von Ubiquitous Computing nichts mehr merken können: Wozu auch sich auf die eigene Erinnerung verlassen, wenn doch alle Information höchstens einige Mausklicks entfernt sind. Ohne Computer, Handy und Internet steht der moderne Mensch dumm da, während die Großeltern noch stundenlang Gedichte rezitieren konnten.

Da bin ich ja froh, dass ich mir schon vorher keine Namen merken konnte. Wenn aufgrund einiger koreanischen Zeitungsartikel und dem Nachtrauern der „Guten Alten Zeit des Gedächtnis“ gleich ein weiteres psychisches Problem erfunden wird, tippe ich aber eher auf einen Fall von „Digitaler Oberflächlichkeit“.

Mediale Wirklichkeit und Quellen bei der G8-Berichterstattung

9. Juni 2007 um 13:04 2 Kommentare

Wie mediale Wirklichkeit entsteht zeigt Stefan Niggermeiner mit der Chronologie einer Falschmeldung über den fälschlicherweise von dpa verbreiteten Gewaltaufruf Walden Bellos am letzten Samstag in Rostock. Wie es zu dieser noch Tage später weiterverbreiteten Ente kommen konnte erklärt die ehemalige dpa-Mitarbeiterin Christiane Link. Insgesamt hat die G8-Berichterstattung wieder einmal gezeigt, dass es unzureichend ist, sich allein auf klassische Medien zu verlassen. Nicht dass die Gerüchteküche Blogosphäre und Videoschnipsel unklarer Herkunft die bessere Alternative wären: Wer seine Informationen lediglich von indymedia bezieht (das mit seinen G8-Beiträgen sowohl zeitlich als auch ideologisch der Entwicklung immer ein bischen hinterherhinkte), dürfte auch nicht besser informiert sein als der normale Zeitungsleser. Aber im Netz findet oft darüber hinaus ein aktiver Diskurs mit Bezug auf Originalquellen statt. Dabei werden mehrere Sichtweisen berücksichtigt und es entsteht ein umfassenderes Bild als sich in einer Schlagzeile wiedergeben ließe. Vorgemacht hat es Wikipedia mit dem Neutralen Standpunkt und der Forderung nach weiterführenden Belegen und Quellenangaben. So lässt sich beispielsweise auch klären, wie innovativ die angeblich so überraschende „5-Finger-Strategie“ der Demonstranten war.

Von G8, Ляпис Трубецкой und Krosslingualer Suche

7. Juni 2007 um 01:46 2 Kommentare

Eine der ebenso schönen wie gefährlichen Eigenschaften des Netzes ist es, Dinge kennenlernen zu können, denen man anderweitig wohl nur durch ferne Reisen begegnet wäre – beispielsweise Heiligendamm oder Minsk. Nun habe ich einen Ohrwurm von der weißrussische Band Ляпис Трубецкой (Lyapis Trubetskoj), deren neue Single Капитал (Kapital) schon seit März in den Russischen TOP 100 läuft. Dazu gibt es ein sehr schönes Video, auf das ganz am Rande Neuraum in einem intelligenten Kommentar zu den G8-Protesten bei Spreeblick (aktuelle Berichterstattung unter Spree8) hingewiesen hat. Er zitiert den Refrain:

In der linken Hand “Snickers”,
In der rechten Hand – “Mars”
Mein PR-Manager ist
Karl Marx

Eine grobe englische Ãœbersetzung gibt es bei Belarusnews, das russische Original scheint das hier zu sein – ich sollte endlich mal kyrillische Buchstaben lernen. Kann jemand mit einer guten deutschen Ãœbersetzung aushelfen? Nützlich war bei der kurzen Recherche die bei AgoraWissen beschriebene Google Cross Language Search.

P.S.: Und noch zwei nette Videos zu G8 bei YouTube (extra3 bzw. scheibenwischer).