Das Wissen der Welt

24. August 2014 um 22:32 4 Kommentare

Denny Vrandečić, einer der Köpfe hinter Semantic MediaWiki und Wikidata, hat eine clevere Metrik vorgeschlagen um den Erfolg der Wikimedia-Projekte zu messen. Die Tätigkeit und damit das Ziel der Wikimedia-Foundation wurde 2004 von Jimbo Wales so ausgedrückt:

Imagine a world in which every single person on the planet is given free access to the sum of all human knowledge. That’s what we’re doing.

In Wikiquote wird dieser bekannte Ausspruch momentan folgendermaßen übersetzt: „Stell dir eine Welt vor, in der jeder Mensch auf der Erde freien Zugang zum gesamten menschlichem Wissen hat. Das ist, was wir machen.“ Wie lässt sich nun aber quantifizieren, zu welchem Grad das Ziel erreicht ist? So wie ich es verstanden (und in meine Worte übersetzt) habe, schlägt Denny Folgendes vor:

Für jedem Menschen auf der Welt gibt es theoretisch eine Zahl zwischen Null und Eins, die angibt wieviel vom gesamten Wissens der Welt („the sum of all human knowledge“) diesem Menschen durch Wikimedia-Inhalte zugänglich ist. Der Wert lässt sich als Prozentzahl des zugänglichen Weltwissens interpretieren – da sich Wissen aber kaum so einfach messen und vergleichen lässt, ist diese Interpretation problematisch.

Der Wert von Eins ist utopisch, da Wikipedia & Co nicht alles Wissen der Welt enthält. Für Menschen ohne Internet-Zugang kann der Wert aber bei Null liegen. Selbst mit Zugang zu Wikipedia ist die Zahl bei jedem Menschen eine andere, da nicht alle Inhalte in allen Sprachen vorhanden sind und weil viele Inhalte ohne Vorwissen unverständlich und somit praktisch nicht zugänglich sind.

Die Zahlen der individuellen Zugänglichkeit des Weltwissens lassen sich nun geordnet in ein Diagram eintragen, das von links (maximales Wissen) nach rechts (kein Wissen durch zugänglich) alle Menschen aufführt. Wie Denny an folgendem Bild ausführt, kann die Wikimedia-Community ihrem Weg auf verschiedenen Wegen näher kommen:

(1) Der Ausbau von vielen Artikeln in einem komplexen Spezialgebiet oder einer kleinen Sprache kommt nur wenigen Menschen zu gute.

(2) Stattdessen könnten auch die wichtigsten Artikel bzw. Themen in Sprachen verbessert und ergänzt werden, welche von vielen Menschen verstanden werden.

(3) Schließlich kann Wikimedia auch dafür sorgen, dass mehr Menschen einen Zugang zu den Wikimedia-Ihren Inhalten bekommen – zum Beispiel durch Initiativen wie Wikipedia Zero

Ich halte die von Denny vorgeschlagene Darstellung für hilfreich um über das einfache Zählen von Wikipedia-Artikeln hinauszukommen. Wie er allerdings selber zugibt, gibt es zahlreiche offene Fragen da sich die tatsächlichen Zahlen der Verfügbarkeit von Wissen nicht einfach ermitteln lassen. Meiner Meinung nach liegt ein Grundproblem darin, dass sich Wissen – und vor allem das gesamte Wissen der Menschheit – nicht quantifizieren lässt. Es ist auch irreführend davon auszugehen, dass die Wikimedia-Produkte Wissen sammeln oder enthalten. Möglicherweise ist dieser Irrtum für die Metrik egal, nicht aber für das was eigentlich gemessen werden soll (Zugänglichkeit des Wissens der Welt).

Falls Wikimedia an einem unverstelltem Blick auf die Frage interessiert ist, wieviel des Wissens der Menschheit durch ihre Angebote den Menschen zugänglich gemacht wird, könnte es helfen mal einige Philosophen und Philosophinnen zu fragen. Ganz im Ernst. Mag sein (und so vermute ich mit meinem abgebrochenen Philosophie-Studium), dass am Ende lediglich deutlich wird, warum dass ganze Wikimedia-Projekt nicht zu realisieren ist; selbst Erkenntnisse über mögliche Gründe dieses Scheitern wären aber hilfreich. Vermutlich ist es aber zu verpönt, Philosophen ernsthaft um Rat zu fragen oder die verbliebenen Philosophen beschäftigen sich lieber mit anderen Fragen.

P.S: Eine weitere relevante Disziplin zur Beantwortung der Frage wieviel Wissen der Welt durch Wikipedia & Co der Menschheit zugänglich gemacht wird, ist die Pädagogik, aber da kenne ich mich noch weniger aus als mit der Philosophie.

Nobelpreis in Bibliotheks- und Informationswissenschaft

15. Februar 2008 um 23:09 Keine Kommentare

Unbeachtet vom Fachpublikum und den interessierten Laien ist letztes Jahr eine bibliothekswissenschaftliche Arbeit mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnet worden! Der Ig-Nobelpreis ging an Glenda Browne für ihre Arbeit über die Indexierung des Artikels ‚the‘, die bereits 2001 in der April-Ausgabe (Band 22, Nummer 3) der Fachzeitschrift The Indexer erschien. In den Annals of Improbable Research (ISSN 1079-5146, abonniert an der SUB Köln und verfügbar als Open Access) hat es dieser spezielle Teilaspekt der Indexierung und Katalogisierung sogar auf die Titelseite der Juli/August-Ausgabe 2006 (Band 12, Nummer 4) geschafft und wird auf den Seiten 6-11 genauer behandelt! So macht Wissenschaft Spaß und das nächste mal wenn jemand fragt, ob Bibliotheks- und Informationswissenschaft überhaupt eine richtige Wissenschaft sei, gibt es endlich ein schlagendes Argument. 🙂

Treffen der Informationsarchitekten und der vernetzen Wissensorganisatoren

24. Juni 2007 um 18:44 Keine Kommentare

Am 6. Juli ab etwa 19:00 Uhr findet in Berlin der zweite Stammtisch der Informationsarchitektur-Interessierten statt. Da es einen Mini-Kurzvortrag zu Facettenklassifikationen geben wird, ich schon einige Wochen nicht in der Hauptstadt war und in meinem Terminkalender am 6. noch nichts steht, werde ich wohl dabei sein.
[Hinweis von Jan via Xing]

Wen statt (oder zusätzlich zu) Cocktails und Informationsarchitektur mehr die wissenschaftliche Wissensordnung angetan hat, der sollte sich den 21. September in Budapest freinehmen, denn dort findet der 6th European Networked Knowledge Organization Systems (NKOS) Workshop statt. Deadline für Einreichungen (500 Wörter reichen) ist … in 5 Tagen (ups!).
[Hinweis von Traugott Koch]

Informationsarchitektur

6. Juni 2007 um 17:27 3 Kommentare

Ãœber den CfP auf die zweite deutsche Konferenz für Informationsarchitektur (am 9. und 10. November 2007 in Stuttgart) bin ich auf die Community der „Informationsarchitekten“ (IA) gestoßen, deren Interessensgebiet sich stark mit der Wissensordnung und Informationsvisualisierungüberschneidet und. In Berlin treffen sie sich zum Cocktailschlürfen (die einen nennen Unconference, die anderen schlicht Stammtisch), die Europäische Konferenz EuroIA ist das nächste mal am 21./22. September in Barcelona, gleich danach die Oz-IA in Sydney und IASummit wurde im März von der ASIS&T veranstaltet. Ich hoffe sehr, dass die informationswissenschaftliche Wissensorganisation und die eher aus dem Design stammende Informationsarchitektur sich gegenseitig befruchten, anstatt aneinander vorbei zu werkeln. Dem Hot Strudel-Weblog, dem ich diese Informationen entnommen habe, verdanke ich auch den Hinweis auf den schönen Taxonomy-Song aus Lifetime-Oratorium.