Was ist XML?

15. April 2012 um 11:01 1 Kommentar

Mein letzter längerer Artikel für das Lexikon der Bibliotheks- und Informationswissenschaft (LBI), dessen letzter Band dieses Jahr erscheinen wird, beschreibt die Extensible Markup Language (XML). Wie bei den anderen Artikeln (vgl. Ontologie und Ontologiesprache sowie Metadaten) besteht die Kunst darin, sich auf das wesentliche zu Beschränken und sinnvoll mit den bereits festgelegten Artikeln zu verlinken.

Extensible Markup Language (XML):
Allgemeine Auszeichnungssprache, die 1998 als vereinfachte Form von ↗SGML entwickelt wurde. XML bildet die Grundlage zahlreicher ↗Datenformate, ↗Dateiformate und ↗Dokumentenformate für den ↗Datenaustausch, bspw. ↗Atom, ↗HTML, ↗MODS, ↗METS, ↗OAI-PMH, ↗ONIX, ↗TEI und ↗Topic Maps, teilweise auch als Einbettung anderer Formate (z.B. ↗MARC21, ↗RDF/XML und ↗MPEG-7). Zur Definition einzelner XML-Formate gibt es verschiedene ↗XML Schema-Sprachen (XSD, DTD, Relax NG, Schematron). XML-Validatoren können syntaktisch korrektes ("wohlgeformtes") XML auf Übereinstimmung mit einem Schema (als "valide") überprüfen. Das ↗Datenmodell von XML ist eine Baumstruktur, die aus verschiedenen Elementtypen und ↗Unicode-Zeichenketten besteht. Das Modell ist in XML Infoset und über das Document Object Model (DOM) definiert, welches vor allem für die Verarbeitung von ↗HTML relevant ist. Eine alternative Sicht auf XML-Dokumente für ↗Parser ist die Simple API for XML (SAX).

Die XML-Syntax ist vor allem durch XML-Elemente geprägt, die aus einem Start-Tag und einem End-Tag bestehen; bspw. steht "<title>…</title>" für ein Element mit dem Namen "title". Innerhalb des Elements können Zeichenketten und verschachtelt weitere Elemente stehen. Ein wohlgeformtes XML-Dokument besitzt genau ein Wurzelelement, z.B. "<html>…</html>" im XHTML-Format. Zum Unterscheiden und Kombinieren verschiedener XML-Formate können Elemente mittels ↗URI verschiedenen Namensräumen zugeordnet werden. Start-Tags können zusätzlich Attribute besitzen, das sind ungeordnete Key-Value-Paare.

Neben der eigentlichen XML-Definition (zuletzt 2004 Version 1.1) gibt das ↗W3C Standards für verschiedene XML-Technologien heraus, beispielsweise die Abfragesprachen XPath und XQuery und die Programmiersprache XSLT. Auch andere ↗Programmiersprachen und ↗Datenbanksysteme unterstützen XML. Bei der Verwendung von XML sind zwei Paradigmen festzustellen: die Dokument-Sicht geht von XML als ↗Seitenauszeichnungssprache für geordneten Textinhalten aus ("hierarchy of content objects"), während Daten- oder Objekt-Sicht in XML Objekte mit Eigenschaften und Datentypen sieht (vgl. ↗Entity-Relationship-Datenmodell).

Wie andere Datenstrukturierungssprachen wird XML zur Trennung von zwischen Daten und Programmlogik sowie zwischen Inhalt und Darstellung eingesetzt. Für viele Anwendungen ist XML jedoch trotz der Vereinfachung gegenüber SGML zu komplex oder durch seine Baumstruktur zu beschränkt, so dass auf andere Sprachen wie JSON, YAML, RDF, CSV, Protocol Buffers etc. zurückgegriffen wird.

Literatur: Vonhoegen, H.: Einstieg in XML: Grundlagen, Praxis, Referenz. Galileo Computing, 2011. 6. Auflage. — Wilde, E.; Glushko R. J.: XML Fever. In: Communications of the ACM 51 (2008), S. 40-46. — www.w3.org/XML/

Ontologien und Ontologiesprachen definiert – ganz ohne „Semantik“

14. März 2011 um 18:21 5 Kommentare

Die Artikel „Ontologie“ und „Ontologiesprache“ gehören neben dem Eintrag „Metadaten“ zu den umfangreichsten Artikeln, die ich für das Lexikon der Bibliotheks- und Informationswissenschaft (LBI) übernommen habe. Da die Artikel bis Donnerstag fertig sein müssen, hier die aktuelle Vorabversion. Die mit „↗“ gekennzeichnet Links ergeben sich aus der Auswahl anderer Einträge im LBI:

Ontologie:
Strukturierte Sammlung von beliebigen ↗Kategorien, Relationstypen und Regeln zur Beschreibung von Objekten. Der Begriff O. ist an die gleichnamige philosophische Disziplin der „Lehre vom Sein“ angelehnt. Anfang der 1990er wurde der Begriffsumfang ausgehend von der ↗künstlichen Intelligenz in der Informatik auf beliebige Systeme zur ↗Wissensrepräsentation ausgeweitet. Trotz starker thematischer Ãœberschneidungen wird er meist ohne systematischen Rückgriff auf verwandte Konzepte der ↗Datenmodellierung und der dokumentarischen ↗Wissensorganisation und ↗Informationspraxis angewandt, vor allem im Bereich des ↗Semantic Web.

Die Bestandteilen einer O. lassen sich in ↗Klassen (↗Allgemeinbegriff), Instanzen (↗Individualbegriff) und Eigenschaften als Relationstypen (↗Klassem, ↗Facette) unterscheiden. Hinzu kommen Regeln in Form von ↗Integritätsbedingungen und Ableitungsregeln (Inferenz). Alle Bestandteile sollten durch ↗Definitionen und ↗Scope notes erklärt sein.

Die Möglichkeiten der Strukturierung einer O. hängen von der ↗Ontologiesprache ab, in der die O. ausgedrückt ist. Die Bandbreite der Ausdrucksfähigkeit reicht von einfachen ↗Terminologien und ↗Kontrollierte Vokabularen über ↗Taxonomie und ↗Thesauri mit festen Relationstypen bis zu Systemen mit freien Relationstypen wie ↗Semantischen Netzen, ↗Topic Maps, und ↗Datenmodellen. Im engeren Sinne grenzen sich O. von der letztgenannten Gruppe durch eine freie Wahl von Regeln ab. Zudem müssen bei einer O. Klassen, Individuen und Relationstypen nicht unbedingt disjunkt sein, so dass sich sehr komplexe Zusammenhänge detailliert beschreiben lassen. In der Praxis wird von diesen Erweiterungen, wie z.B. Aussagen über Aussagen, jedoch nur begrenzt Gebrauch gemacht, da sie die allgemeine Nutzbarkeit einer O. einschränken.

Eine weitere übliche Unterteilung von O.typen besteht in O. mit begrenztem Gegenstandsbereich und übegreifenden O. die allgemeinere Begriffe beschreiben. Hauptanwendungsgebiete von O. ist der ↗Datenaustausch zur automatischen Informationsintegration. Im Gegensatz zu herkömmlichen Datenmodellen (z.B. einem ↗Kategorienkatalog) wird mit O. die Nutzung von hoch formalisierten Modellen unabhängig von einzelnen Anwendung angestrebt. Dafür können O. z.B. mit ↗RDF aufeinander bezogen und miteinander kombiniert werden. Die Nutzung gemeinsamer O. und O.bestandteile soll das automatische Zusammenführen und Auswerten von ↗Informationen aus unterschiedlichen ↗Quellen ermöglichen. Beispiele für solche Ontologien sind das CIDOC ↗Conceptual Reference Model und ↗OAI-ORE. Da viele Informationen nur unstrukturiert vorliegen, werden Ontologien zunehmend mit Verfahren der ↗Computerlinguistik kombiniert.

siehe auch: ↗Modellierung, Deduktionssystem

Ontologiesprache:
Formales System zur Beschreibung von ↗Ontologien. Populäre Beispiele im Bereich des ↗Semantik Web sind RDF Schema (RDFS), die ↗Web Ontology Language (OWL) und deren Vorläufer ↗DAML+OIL für Ontologien über ↗RDF-Daten. In anderen Bereichen können je nach Ontologiebegriff und ihrer Anwendung Schemasprachen wie ↗XML Schema und die ↗Data Definition Language sowie konzeptuelle Modellierungssprachen wie die das ↗Entity-Relationship-Datenmodell (ERM), die ↗Unified Modeling Language (UML) und ↗Object Role Modelling (ORM). Hinzu kommen ergänzende Regelsprachen wie Common Logic und das Rule Interchange Format (RIF). Beschreibungssprachen für ↗Kontrollierte Vokabulare wie das ↗Simple Knowledge Organisation System (SKOS) werden seltener zu den O. gezählt. Zur Beschreibung von O. werden gelegentlich spezielle (Meta-)O. wie Meta-Object Facility (MOF) eingesetzt.

Die konkreten Fähigkeiten einer O. bestimmen, wie in einer Ontologie Konzepte, Relationen und Regeln definiert und in Beziehung gesetzt werden können. Angestrebt wird i.d.R. ein hoher Grad an Formalisierung und Ausdrucksstärke bei gleichzeitig beherrschbarer Komplexität. Dafür basieren O. auf mathematischen Logiksprachen wie der ↗Beschreibungslogik. Da mit steigender Ausdrucksstärke die praktische und theoretische Berechenbarkeit einer O. abnimmt, gibt es für viele O. in abgestuften Varianten, vor allem im Bereich der möglichen ↗Integritätsbedingungen und Inferenzregeln. Grundsätzlich stoßen O. beim Umgang mit ungenauen Angaben (↗Fuzzy-Logik) und Strukturen höherer Ordnung (z.B. Regeln über Regeln) an ihre Grenzen.

Prinzipiell lassen sich auch ↗Programmiersprachen als O. nutzen. Der Vorteil von O. besteht jedoch darin, dass Ontologien damit prinzipiell übersichtlicher und weniger an konkrete Technologien gebunden sind, so dass sie sich besser miteinander vergleichen und kombinieren lassen. Im Besten Fall dienen O. ebenso wie Beispiele und Dokumentation dazu durch ↗Modellierung, die Kluft zwischen dem oft implizitem ↗Wissen über Sachverhalte und ihrer Abbildung in einem ↗Informationssystem zu überbrücken.

siehe auch: ↗Deduktionssystem

Nach meiner Definition hat Ontologie nichts mit „Semantik“ zu tun, zumindest wäre der Bezug zur Klärung wenig hilfreich. In der deutschsprachigen Wikipedia hatte ich es 2003 so eingetragen, inzwischen ist der Artikel dort etwas unverständlich und der Englischsprachige ziemlich einseitig. Aber das lässt sich ja ändern. Meine Texte stehen frei unter CC-BY-SA.

Metadaten – Versuch einer Kurzdefiniton

26. Februar 2011 um 17:21 14 Kommentare

Obgleich ich dem Lexikon der Bibliotheks- und Informationswissenschaft (LBI) von Anfang an mit gemischten Gefühlen gegenüber stand – das Vorhaben eines gedruckten Lexikons ist anachronistisch und verspielt eine Chancen, die deutschsprachige Bibliotheks- und Informationswissenschaft als auf der Höhe der Zeit darzustellen – habe ich als Enzyklopädist inzwischen einige Artikel übernommen. Ich muss zugeben, dass die Beschränkungen des LBI auch einen gewissen Reiz haben. Vor allem ist die Länge der Artikel vorgegeben, so dass es darauf ankommt, einen Begriff in seiner Gänze auf das Wesentliche zu reduzieren. Der Begriff „Metadaten“, für den nächste Woche Abgabefrist ist, fällt mit bis zu 4.000 Zeichen in die umfangreichste Kategorie. Ich habe mit der Geschichte des Begriffs begonnen und versucht, das Wesentliche in diesem Umfang zusammenzufassen. Da sich die Bedeutung eines Begriffs erst aus seinen Relationen zu anderen Begriffen ergibt, habe ich auf möglichst viele andere, verwandte Einträgen des LBI verwiesen. Im Laufe der Diskussion vorgenommene Änderungen sind orange markiert.

Bei Google Books Ngram kann man schön den Anstieg der Verwendung des Begriffs nachvollziehen: Der deutlich zu erkennende Knick 1995 ist auf die Dublin Core Initiative zurückzuführen. Nun aber die Definition in ihrer aktuellen Form:

„Daten über Daten“, d.h. ↗  Daten die andere Daten oder Objekte strukturiert beschreiben. Ob und um welche Art von M. es sich bei Daten handelt, hängt vom jeweiligen ↗ Kontext und Zweck der ihrer Anwendung ab.

Bis Ende der 1980er wurden lediglich bei ↗  Datenbanken deren technische Beschreibungsdaten wie ↗  Datenfeld und ↗  Datenmodell im Gegensatz zur ↗  Datenbasis als M. bezeichnet. Später wurden M. auf Beschreibungen von ↗  Primärdaten bei der ↗  Datendokumentation ausgeweitet. Ab Mitte der 1990er prägte das ursprünglich zur ↗  Katalogisierung von ↗  Netzpublikationen entwickelte ↗  Dublin Core Metadata Element Set die Vorstellung von M. Inzwischen können alle strukturierten Beschreibungen von ↗  Informationsobjekten und alle als Daten vorliegenden Formen der ↗  Erschließung als M. bezeichnet werden, also auch alle bibliographischen Daten.

Ein Metadatensatz fasst M., die sich auf ein Referenzobjekt (ein ↗  Dokument oder eine ↗  Dokumentarische Bezugseinheit) beziehen zu einer ↗  Dokumentationseinheit zusammen. Bei Containerformaten wie z.B. ↗  METS kann ein ↗  Datensatz auch M. zu mehreren Objekten enthalten. Die klassische Form eines M.satzes in der Bibliothekspraxis ist das ↗  Katalogisat.

Wesentlich für M. ist das Vorhandensein einer einheitlichen Struktur. Diese kann u.A. als Schema (↗  Kategorienkatalog, ↗  Datendefinitionssprache), Profil, Regelwerk, ↗  Datenformat oder Modell (↗  Ontologiesprache) vorliegen. Die Attribute und Beziehungstypen einer M.struktur sowie die in ihr verwendeten Einträge einer ↗  Indexierungssprache werden auch als Metadatenterme bezeichnet. Die Nutzbarkeit von M. über verschiedenen Systeme (↗  Interoperabilität) wird durch ↗  Standardisierung ermöglicht. Hilfreich sind dabei Metadaten-Registries und die Vergabe von ↗  URIs für M.terme. Zur ↗  Datenkonvertierung zwischen verschiedenen M.strukturen dienen M.mappings („crosswalks“). M.strukturen sind häufig in Beschreibungsebenen verschachtelt und aufeinander bezogen; so ist beispielsweise ↗  MODS durch ein ↗  XML Schema als ↗  XML-Format definiert.

Ob es sich bei konkreten Daten um M. handelt und welche Art von M. vorliegen, hängt jeweils vom ↗  Kontext der Anwendung ab. Ãœblich ist eine Unterteilung von M. in beschreibende M., verwaltende oder administrative M. und Strukturdaten. Beschreibende M. geben mittels ↗  Sacherschließung und ↗  Formalerschließung Inhalt und Form des Referenzobjekt wieder. Sie dienen vor allem seiner Auffindbarkeit und Identifizierung. Administrative Metadaten enthalten u.A. Angaben zu Nutzungsbedingungen, ↗  Provenienz und ↗  Archivierung sowie Angaben zur technischen Verarbeitung. Zu M. über das Objekt kommen dabei „Meta-Metadaten“ mit M. über dessen Beschreibung. Angaben über Beziehungen zu anderen Objekten sowie zur Bewertung und Nutzung gehören je nach Anwendung zu beschreibenden oder verwaltenden M. oder bilden eigene M.typen. Strukturdaten beschreiben die Gliederung des Objekts in ↗  Informationelle Einheiten, z.B. mittels ↗  METS und ↗  OAI-ORE. Je nach ↗  Granularität kann diese Beschreibung von einem einfachen ↗  Inhaltsverzeichnis bis zur detaillierten Repräsentation der Binnenstruktur reichen, so dass hier die Grenze zwischen M. und Objektdaten fließend ist. Da vernetze Informationsobjekte (z.B. im ↗  Semantic Web) im Gegensatz zu physischen Objekten keine eindeutigen Grenzen aufweisen, können M. auch als konstituierend für ein digitales Objekt angesehen werden. Dies spielt vor allem bei der ↗  digitalen Langzeitarchivierung eine Rolle, wo M. und Meta-M. über mehrere ↗  Migrationsschritte mitunter einen größeren Umfang als das ursprüngliche Dokument annehmen können.

Eine alternative Unterteilung von M.typen besteht aus konstituierenden M., die den eigentlichen Inhalt eines Dokuments beschreiben, abgeleiteten M., die sich automatisch aus dem Inhalt des Dokuments ermitteln lassen, beigefügten M., die Relationen zu anderen Objekten beinhalten, und operationalen M., die das Verhalten von M. verarbeitenden Systemen steuern (↗  Programmierung).

Über Korrekturen, Ergänzungen, Kritik und vorschläge für ein bis drei Literaturangaben würde ich mich freuen.

P.S.: Bei Mendeley habe ich eine Bibliographie mit Encyclopaedias of Library and Information Science erstellt. Im Terminosaurus Rex gibt es leider keinen Eintrag „Metadaten“.

Aus der Bibliotheksgeschichte lernen für die Zukunft des Katalogs

5. November 2008 um 01:54 2 Kommentare

Prof. Ursula Schulz schrieb letzte Woche im Beluga-Blog zur Geschichte der Usability-Evaluation von Online-Katalogen [via Suchkisten-Blog, wo mein Kollege Till zu recht schreibt: „Ist alles lösbar (sogar mit Open Source Software), aber eben Arbeit.“]. Schulz ist eine der wenigen Menschen in Deutschland, die tatsächlich etwas von Bibliothekskatalogen verstehen, weil sie nicht nur mit ihnen, sondern auch an ihnen und über sie gearbeitet hat. Neben der Bedeutung von Usability-Tests (die gar nicht genug betont werden kann), entnehme ich dem Beitrag, dass Bibliotheksgeschichte durchaus spannend und relevant sein kann. Dabei sollten jedoch auch Bezüge zur Gegenwart hergestellt werden. Statt der siebten Arbeit zum „Ursprung und Aufbau der Sammlung Moppelhein in der Schnurzelbacher Landesbibliothek“ lässt sich beispielsweise aufzeigen, was Martin Schrettinger zum Thema Social Cataloging beizutragen hat, wie Ranganathan beim Facettierten Browsing helfen kann oder was die Bücherverluste in der Spätantike mit dem Digitalen Vergessen gemeinsam haben.

Ich denke, dass sich derartige Ãœberlegungen vor allem in der Biblioblogosphäre, auf Mailinglisten wie NGC4Lib und in studentischen Abschlußarbeiten der Bibliotheks- und Informationswissenschaft finden. Außerdem kommen Fachzeitschriften in Frage – wobei zu beachten ist, dass die Wissenschaftssprache nun einmal Englisch ist, so dass interessante deutschsprachigen Zeitschriften wie „LIBREAS“ oder „Information – Wissenschaft & Praxis“ vom Diskurs eher abgekoppelt sind.

Die Zukunft des Katalogisierens

14. Juli 2008 um 12:45 Keine Kommentare

Meine momentane Begeisterung für OpenStreetMap sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach Wikipedia gerade für Bibliotheken der interessanteste und wichtigste Dienst noch immer LibraryThing ist (siehe kurze Einführung für Bibliothekare und zum Ausprobieren bei Lernen 2.0). Ohne je Bibliothekswissenschaft studiert zu haben, entwickelt Tim Spalding innovative Systeme für bibliographische Informationen, bei denen die Bibliothekssysteme jeglicher Hersteller wie von vorvorgestern aussehen (und mit ihnen die Bibliotheken, die sich diese Systeme andrehen lassen, anstatt Dienste wie LibraryThing for Libraries oder VuFind auszuprobieren und genau auf Anne zu hören).

Dabei zeigt LibraryThing nicht nur, wie ein guter Katalog aussehen kann und wie durch Einbindung von Nutzern Mehrwehrt geschaffen wird, sondern nicht weniger als die Zukunft des Katalogisierens! Ich kann jedem, der sich für die Zukunft von Bibliotheken interessiert, nur eindringlich empfehlen, sich den 18-minütigen Mitschnitt des Vortrags von Tim Spalding anzusehen (Teil 1, Teil 2)!

Das nächstes wesentliche Projekt von LibraryThing ist die Open Shelves Classification, die nicht weniger zum Ziel hat als die DDC als Aufstellungssystematik zu ersetzen – das erinnernt mich daran, dass aus Wikipedia-Daten ein Thesaurus erstellt werden kann. Also besser aufpassen (und am Besten mitmachen) anstatt die Augen zu verschließen! [via Patrick]

Die Rolle der Bibliotheken im Internetzeitalter

21. Juni 2008 um 03:07 1 Kommentar

Da die „uncoolen“ Potsdamer BibliothekarInnen nun schon die dritten sind, die mich auf den Artikel „Die Rolle der Bibliotheken im Internetzeitalter“ (PDF) von Barbara Lison im Themenheft „Wissen im Web“ von „UNESCO heute“ (Ausgabe 1/2008) hinweisen, muss ich doch meinen Senf dazugeben (zumal ich nach drei Wochen Telekom-Generve endlich wieder Internet habe und somit wieder bloggen kann). Der Artikel bietet eine gute Darstellung des aktuellen aktuellen Standes.

Neben die Sammlung und Erschließung von Inhalten – ob in gedruckter Literatur oder in Netzpublikationen – ist immer stärker die Aufgabe der Vermittlung, der Eröffnung des Zugangs getreten.

Außerdem wird ganz kurz das EU-Projekt Europeana genannt – eine etwas bessere Darstellung gibt Jörn Sieglerschmidt im Interview mit dem SWR. Ein wenig erinnert mich der Artikel an „Bücher und Internet: Das Kaleidoskop der Vergangenheit“ von Johannes Schneider Anfang des Monats in der Süddeutschen Zeitung (siehe Kommentar und mein Hinweis): Mehr oder weniger alles richtig und wichtig aber ziemlich unkonkret, wenig vorausschauend oder innovativ und eigentlich schon vor 5 bis 10 Jahren passend. Schön, dass Bibliotheken allgemein in den Medien präsenter sind, aber für die Darstellung des aktuellen Standes gibt es doch Wikipedia!. Vielleicht ist das UNESCO-Magazin einfach nicht der richtige Ort für neue Entwicklungen; der Artikel zu Wikipedia ist ebenfalls nur sehr allgemein gehalten und das mehrfach im Magazin erwähnte Thema Web 2.0 ist eigentlich inzwischen ein alter Hut.

Was nun tatsächlich die Rolle von Bibliotheken im Internetzeitalter ist und sein wird, beantwortet der Artikel jedenfalls nicht zufriedenstellend. Ãœberhaupt ist der Begriff „Internetzeitalter“ viel zu kurz gegriffen. Es geht nicht um das Zeitalter des Internet, sondern um das Zeitalter der Digitalisierung aller Informationen und damit um die unbegrenzte Kopier-, Modifizier- Annotier-, Verknüpf-, und Verfügbarkeit von Informationen. Und dabei haben Bibliotheken ihre Rolle noch längst nicht gefunden.

Social Cataloging ist Bibliothekswissenschaft at its best

2. Juni 2008 um 21:47 3 Kommentare

Ist eigentlich schon jemandem aufgefallen, dass das Erste Lehrbuch der Bibliothekswissenschaft, nämlich Martin SchrettingersHandbuch der Bibliothek-Wissenschaft von 1834 mit vollständigem Titel „Handbuch der Bibliothek-Wissenschaft, besonders zum Gebrauche der Nicht-Bibliothekare; welche ihre Privat-Büchersammlung selbst einrichten wollen“ heisst? Social Cataloging ist also nichts anderes als die Fortführung von Bibliothekswissenschaft mit zeitgemäßen Mitteln. Zeitgemäß heisst nichts anderes als digital (entweder digital oder marginal) und damit kommt der Social Software-Aspekt des Social Catalogings ganz automatisch. Denn Digital heisst unbegrenzte kopier- und modifizierbar, das war schon vor 20 Jahren so, auch wenn das bei einigen ewig Gestrigen noch immer nicht angekommen ist: „Der Computer ist eine Maschine zum Kopieren und Verändern von Bits.“ (Wau Holland). Dass ganz normale bibliophile Menschen ihre Literatursammlungen selber erschließen ist nichts bibliothekarisch Irrelevantes oder Unprofessionelles sonder wäre sicher ganz im Sinne Schrettingers. Gestern hätte sich noch niemand vorstellen können, dass in Zukunft Enzyklopädien von Freiwilligen geschrieben werden, morgen werden wir uns darüber wundern, dass Publikationen früher allein von einer Handvoll Bibliothekaren erschlossen wurden. Die kommen nämlich mit dem Katalogisieren jetzt schon nicht hinterher – oder wo bitte sind die fachlich erschlossenen Weblogs, Primärdaten, Vorträge etc.? Mit den dank Social Cataloging freiwerdenden Kräften können dann die Aufgaben angegangen werden, für die nach Ulrich Johannes Schneider in seinem heutigen, ganzseitigen Artikel in der Süddeutschen Zeitung nicht genügend Stellen da sind. In diesem Sinne wünsche ich allen Bibliothekaren und Nicht-Bibliothekaren, ganz gleich welche Sammlung von Publikationen sie einrichten wollen, einen schönen Bibliothekartag 2008!