So funktioniert die Informationsgesellschaft

14. Februar 2009 um 02:37 6 Kommentare

Nachdem letzte Woche jemand einen zusätzlichen Vornamen in den Wikipedia-Artikel zu Herr Guttenberg eingetragen hatte, übernahmen zahlreiche Journalisten den Namen und lieferten ein schönes Beispiel für mangelnde Recherche, fehlende Quellenangaben und Relevanz (siehe u.A. die Zusammenfassung bei Johannes Wilhelm Moskaliuk und bei Stefan Wilhelm Niggemeier). Die Titanic hat den Vorgang schon vor einigen Wochen anschaulich illustriert ; bald kann ich eine Kategorie Wikipedia & Titanic anlegen).

Dass nicht nur Wikipedia-Mitarbeiter und Journalisten schludern, sondern grob unnötige Fehler auch im Wissenschaftsbetrieb vorkommen, zeigt der Fall von Mohamed El Naschie. Der Mensch führte jahrelang ein Elsevier-Journal, in dem er Hunderte von eigenen Artikeln mit Unsinn veröffentlichte. Wie zuvor die Bogdanov-Affäre, die Sokal-Affäre oder der SCIgen Paper Generator (siehe dazu auch hier) zeigt der Fall Nashie, wie korrupt und verkommen das herrschende Wissenschaftssystem zuweilen ist.* Da einige Kommentare zur Aufdeckung des Falls vermutlich wegen anwaltlichem Druck entfernt wurden, verweise ich auf den etwas unübersichtlichen El Naschie Watchblog und auf die Zusammenstellung bei Archivalia.

* Dabei meine ich nicht die wissenschaftliche Methode – auch sie hat ihre Blinden Flecken – sondern den institutionellen Wissenschaftsbetrieb sowie fehlende Quellenangaben, Closed Access und intransparente, geschlossene Review-Strukturen im Allgemeinen

P.S: Eine weitere Darstellung der Krankheit des Wissenschaftssystem (gefischt aus der Biblioblogosphäre) führen Eric Steinhauer und die Steuereule an: Joachim Wolf: Der schlaue Weg zur Publikation, in: FAZ vom 21. Januar 2009 (als PDF verfügbar)

European kind-of-Code4Lib conference

12. Februar 2009 um 16:01 Keine Kommentare

On April 22-24th the European Library Automation Group Conference (ELAG 2009) will take place at the University Library in Bratislava. This is the 33rd ELAG and will be my first. I am happy to see that digital library conferences and developer meetups don’t only take place in the US, hopefully ELAG is like the Code4Lib Conference that takes place at February 23-26th this year for the 4th time – maybe we could have a joint Code4lib Europa / ECDL somtime in the next years? But first „meet us at ELAG 2009„!

Other library-related events in Germany that I will participate in the next month, include 10th Sun Summit Bibliotheken (March 18/19th in Kassel), ISI 2009 (April, 1-3rd in Konstanz), BibCamp 2009 (May, 15-17th in Stuttgart) and the annual Bibliothekartag (June, 2-5th in Erfurt). I am nore sure yet about the European Conference on Digital Libraries (ECDL 2009, September 27th – Oktober 2nd in Corfu, Greece) – the Call for Contributions is open until March 21st.

Weitere Nutzung von SeeAlso-Schnittstellen

10. Februar 2009 um 19:15 1 Kommentar

Dass sich das SeeAlso-Protokoll im Rahmen der Kataloganreicherungen auch (wie bereits angedacht) für die Einbindung von Rezensionen eignet, hat Ende Januar Carsten Schulze demonstriert: Das geschichtswissenschaftliche Fachportal Clio-Online verwaltet eine Datenbank mit über 50.000 Rezensionen. Daniel Burckhardt hat für diese Datenbank eine OAI-Schnittstelle erstellt, über die die monatlich etwa 500 hinzukommenden Einträge geharvested werden können. Ein Skript von Carsten sammelt auf diese Weise die Rezensionen, extrahiert die ISBN der rezensierten Werke und ermöglicht die Abfrage über SeeAlso Simple (z.B. ISBN 3506775197).

„SeeAlso Simple“ bedeutet, dass die Schnittstelle auf eine Anfrage mit dem Parameter id lediglich die Daten im JSON-Format zurückliefert (was für den Einsatz ausreicht), während bei „SeeAlso Full“ mit dem Parameter format=opensearchdescription der Dienst eine Selbstbeschreibung liefert. Das XSLT-Skript, das aus der Selbstbeschreibung ein Test-Interfaceerzeugt, habe ich übrigens so aktualisiert, das die Ergebnisliste gleich in verschiedenen Anzeigestilen („display“) dargestellt werden kann – zum Ausprobieren sollte ein SeeAlso-Dienst verwendet werden, der mehrere Treffer liefert, zum Beispiel isbn2gbvlib (liefert GBV-Bibliotheken, die einen bestimmten per ISBN gegebenen Titel haben) oder diese Anfrage.

Weiterer Nutzer von SeeAlso sind seit Kurzem die Hannover-Bibliotheken, in deren Katalogen nun auch ein Link auf Wikipedia sowie Coverbilder angezeigt werden (die Coverbilder kommen übrigens nur teilweise von LibraryThing). Ob ein Verweis auf Wikipedia sinnvoll ist, wird ja immer wieder angezweifelt – mit SeeAlso kann jede Bibliothek (HTML-Kenntnisse und Gestaltungsmacht über die eigene OPAC-Oberfläche vorrausgesetzt) selber entscheiden, was sie an welcher Stelle zur Anreicherung in ihren Katalog einbindet und was nicht.

P.S: ISBN2GBVLib funktioniert inzwischen wieder.

Neues aus der Bibliotheksentwickler-Szene

2. Februar 2009 um 13:12 2 Kommentare

Wie aus einer Pressemitteilung zu entnehmen, geht Andrew Nagy, der Hauptentwickler der Discovery-Plattform VuFind zu Serials Solutions. Die Firma entwickelt Anwendungen zum Electronic Ressource Management (ERM). Ich stelle mir das ziemlich schwierig vor, da weder Verlage noch Bibliotheken genau wissen, was unter ERM zu verstehen ist Рdabei sind die Grundprobleme von ERM organisatorischer und rechtlicher Natur und lassen sich deshalb nicht einfach mit Software erschlagen. Am Besten man setzt ganz auf Open Access, kauft den Rest pauschal als Nationallizenz und spart sich damit eine Menge unn̦tiger, komplexer Rechteverwaltung.

Serial Solutions gehört zur Cambridge Information Group (CIG), die vor kurzem eine Minderheitsbeteiligung an LibraryThing gekauft hat. Der von deutschen Bibliotheken bislang eher verschmähte Dienst LibraryThing for Libraries wird in Zukunft über die CIG-Tochter Bowker vertrieben. Weitere Firmen von CIG sind unter Anderem AquaBrowser, ProQuest, Dialog und RefWorks. Damit ist CIG ein nicht zu unterschätzender Anbieter von Bibliothekssoftware und -diensten. Bleibt zu hoffen, dass die Open Source-Entwicklung nicht darunter leidet, denn proprietäre, geschlossene Produkten können noch so innovativ sein, sie bleiben Einbahnstraßen.