Keine Angst vorm Atom – wir haben ja Lobbyisten!

8. Dezember 2007 um 01:33 1 Kommentar

Das Deutsche Atomforum hat knapp gewonnen beim Worst EU Lobbying Award in der Kategorie „Worst EU Greenwash Award“. Die Lobbyorganisation versucht im Rahmen der Klimaschutz-Debatte Atomkraft als besonders umweltfreundlich zu verkaufen. Das geht doch viel besser, wie die NDR-Sendung „Extra 3“ (mit blog und podcast) im August treffend vormachte:

Wer nicht nur ein ordentlich oder unordentlich angemeldetes oder nicht angemeldetes „neuartiges Empfangsgerät“ hat (ob bei den Extra-3-Machern viel von meine Gebühren ankommt, bezweifle ich, da das Geld anscheinend für weitere regelmäßige Nachfragen draufgeht), sondern auch einen Fernseher, kann nicht nur die anscheinend hervorragende Sendung Extra-3, sondern auch im ZDF am Sonntag (zum Frühstück von 13:20-14 Uhr) einen Beitrag über Greenwash ansehen.

Ãœbrigens werden nicht nur Politiker und Öffentlichkeit von Lobbyisten gehirngewaschen – denn „die Politik“ (natürlich quatsch – gemeint ist konkret die Bundesregierung) schlägt zurück: mittels Schleichwerbung und vorformulierten Beiträgen, die dank geheimgehaltener Werbeagenturen kommentarlos von anderen Medien übernommen werden. Brauchen Medien bald neben einem Prozessfonds zum Abwehren von Klagen auch einen Hilfsfond, um sich eigene Recherche leisten zu können? Notwendig ist ja auch noch ein Grundkurs in Anonymisierungsdiensten, denn wie u.A. dieser Video-Beitrag (ebenfalls vom NDR) recht gut deutlich macht, sieht es für investigativen Journalismus mit der Vorratsdatenspeicherung düster aus.

Rückwärts in den Überwachungsstaat

13. November 2007 um 01:47 Keine Kommentare

Mit 366 zu 156 Stimmen bei zwei Enthaltungen ist letzten Freitag heute die Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung im deutschen Bundestag verabschiedet worden. Damit werden in Zukunft von allen Bürgern alle Verbindungsdaten für ein halbes Jahr gespeichert (und sobald sie einmal unkontrolliert kopiert worden potentiell dauerhaft) – das heisst, wer wann von wo mit wem telefoniert hat, wer wann wem eine Email geschickt hat und wer wann mit welcher IP-Adresse im Internet unterwegs war.

Wie dieser Rückschritt in den Ãœberwachungsstaat zustande gekommen ist, dokumentiert Beitrag Rückwärts in den Ãœberwachungsstaat weiterlesen…

Wer überwacht die Überwacher?

6. November 2007 um 00:47 Keine Kommentare

Ein Artikel in Telepolis beschert der Aktion Ãœberwach! eine Menge Besucher und Aufmerksamkeit. Webseitenbetreiber können ein Stück HTML-Code auf ihre Seiten einbinden, durch das diese dabein helfen können, das Seitenbesuche aus deutschen Ministerien aufgezeichnet werden – und so den Volksvertretern Vorratsdatenspeicherung und Ãœberwachungsstaat am eigenen Leibe näherbringen (ich hoffe, sowas lässt sich auch auf EU-Ebene machen, dort werden noch üblere Pläne zur Totalüberwachung ausgeheckt).

Leider hat die Aktionen einen Geburtsfehler, die bereits bei dataloo diskutiert wird: Es lassen sich grundsätzlich alle Seitenbesucher überwachen – weshalb ich mich bislang nicht am Datensammeln beteilige. Stattdessen habe ich mal wieder meine angestaubten PHP-Kenntnisse hervorgekramt und eine Serverseitige Vorfilterung gebastelt.
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Freiheit statt Angst

23. September 2007 um 03:03 4 Kommentare

War ja zu erwarten, dass die Polizei auf einer Demo gegen Ãœberwachung und Polizeistaat eifrig die Teilnehmer filmt. Dass dann direkt am Platz der Bücherverbrennung (aka „Bebelplatz“) Demonstranten aus der Menge gezogen werden war ebenfalls „keine ganz gute Aktion“ (padeluun). Gleichzeitig wird die Einführung elektronischer Personalausweise angekündigt – von Identitätsdiebstahl und dass bei Daten eine Kopie wirklich nicht mehr als „Fälschung“ zu identifizieren ist haben die Politiker wohl noch nicht gehört. Markus Beckedahl bemerkt treffend:

Wir werden von Politikern regiert, die noch nicht im Netz angekommen sind. Die mehr Angst vor dem Unbekannten haben, anstatt die Chancen und Freiheiten zu sehen. Wir brauchen mehr Medienkompetenz bei Politikern!

Da offensichtlich nicht nur Politiker meinen, dass „Internetüberwachung“ und „Onlinedurchsuchung“ eigentlich doch nicht so schlimm seien hier nur zwei Denkanstöße (der erste auch aus Markus Rede):

„Wird gespeichert, wer wann was im Fernsehen schaut oder wer wann welchen Artikel in einer Zeitung liest? Und was ist mit unseren privaten Gesprächen im Wohnzimmer, wird protokolliert, wer mit wem wann gesprochen hat? Das sind alles rechtsfreie Räume mit derselben bizarren Logik. Die Vorratsdatenspeicherung soll genau dies im digitalen Raum ermöglichen.“

Ein wenig Statistik-Kenntnisse reichen aus, um zu sehen, dass Datensammeln keine Terroristen fängt sondern zahlreiche Unschuldige trifft und keinen Zuwachs an Sicherheit bringt.

[via heise]

Mehr Unsicherheit mit dem neuen Reisepass

9. Juli 2007 um 16:14 Keine Kommentare

Heute habe ich beim Einwohnermeldeamt meinen neuen Reisepass mit biometrischen Daten abgeholt (siehe auch die Werbeseite zum ePass). Wer ebenfalls etwas dagegen hat, dass auch noch Fingerabdrücke gespeichert werden, sollte sich bis Oktober beeilen, denn obwohl praktisch alle bisherigen Terrorakte ohne gefälschten Pass durchgeführt wurden und auch mit biometrischen Pässen nicht verhindert worden wären, wird weiter aufgerüstet.

Einen Hinweis auf den im Pass enthaltenen RFID-Chip und die damit verbundenen Sicherheitsprobleme gibt es bei der Ausgabe nicht. Eigentlich sollte jedem Reisepass gleich eine Schutzhülle gegen unbefugtes Auslesen beigelegt werden. Bereits letztes Jahr wurde gezeigt, dass sich vom ePass Kopien anfertigen lassen, die von elektronischen Lesegeräten nicht vom Original unterscheidbar sind. Einen schönen Vortrag zum Auslesen und Simulieren von RFID-Chips gab es übrigens auf dem 23C3.

Angesichts dass, vorangetrieben von dem Verfassungsfeind Wolfgang Schäuble, die nach 1945 eingeführte Trennung von Geheimdienste, Polizei und Militär immer weiter aufgeweicht wird und Techniken eingeführt werden, von denen die Stasi nur träumen konnte, muss einem schon unheimlich werden. Da hilft auch die Ich-habe-doch-nichts-zu-verbergen-Ausrede im Biedermann’schen Sinne nichts: Wenn Kopien eines Reisepasses zu oft an den falschen Orten auftauchen, drohen dem damit Verdächtigen Passinhaber bald schnell nicht nur Handy- und Internetverbot sondern, wie Schäuble vorschlägt, gar die „gezielte Tötung“. Wer einmal – warum auch immer (falscher Name, falscher Urlaubsort, zufällig neben der falschen Person gesessen etc.) – auf deiner der vielen Listen von Terrorverdächtigen gelandet ist, hat halt Pech gehabt – nach der neuen Anti-Terror-Doktrin sind wir doch schließlich alle potentielle Terroristen.