Bibliothekartag 2008 = 0.5?

14. April 2008 um 18:10 11 Kommentare
Fehlermeldung bei der Anmeldung
Fehlermeldung bei der Anmeldung

Ein weiteres Beispiel dafür, dass Bibliotheken eigenen technischen Sachverstand benötigen anstatt outzusourcen bietet die Webseite des Bibliothekartags 2008 in Mannheim. Sieht schön aus, ist aber Murx. Statt wesentlicher Informationen in zeitgemäßer Form gibt es Grußworte und einen Offenen Brief an die bibliothekarische Fachöffentlichkeit – als JPG!? Nicht das Tagungsweblog wird eingebunden, sondern ein totes „Forum„. Die Programmübersicht, eigentlich ja der Kern einer solchen Webseite, ist aufgrund von CSS-Spielereien völlig unbrauchbar (der Auslöser dieses Rants). Einfache Tabelle? Thematische Ãœbersicht? Liste der Referenten? Verlinkte Raumpläne? Alles Fehlanzeige. Dass für die Stadtpläne nicht einfach Google-Maps verwendet wurde ist da noch zu vernachlässigen und Ortsangaben wie „Treffpunkt: Foyer der UB, Plöck 107-109, 69117 Heidelberg (Bitte geben Sie als Suchwort ‚Plöck 109‘ ein)“ haben wenigstens Seltenheitswert 😉

Ich finde es äußerst problematisch, wie sich Bibliotheken unnötig in Abhängigkeit von Firmen begeben (hier diese Firmen) und dabei ihrer eigenen Handlungsspielräume und Fähigkeiten einschränken. „Mal schnell“ etwas an der Webseite oder am OPAC ändern geht nicht dann nicht mehr so einfach und/oder kostet zusätzlich Geld. Dem Hinweis zur Entwicklung eigener Kompetenzen von Anne Christensen im Beluga-Projekt kann ich mich nur anschließen. Mir geht der zwar Web-2.0-Leierkasten inzwischen auf den Geist (und ich werde freiwillig keine „Was ist und was soll XY 2.0“-Vorträge mehr halten), aber anscheinend ist es noch immer nicht angekommen, das im Web nur überlebt, wer sich selber mit den zahlreichen Diensten und Angeboten vertraut macht und sie selber ausprobiert. Für Konferenzen fallen mir neben Google Maps spontan Venteria und Mixxt ein und eine Programmübersicht kann so ausschauen. Schön wäre es auch, wenn die einzelnen Veranstaltungen mit Microformats erschlossen sind, jeweils eine eigene URL bekommen und aktiv zum Tagging angeboten werden, so dass sich jeder Besucher mit einem beliebigen Tagging-Dienst und/oder Kalenderprogramm einfach einen Plan zusammenstellen kann. Auch die Einbindung von Feeds zur Veranstaltung wäre nett – wenn sich Bibliotheken nicht mit Sacherschließung, Verschlagwortung und Metadaten auskennen, mit was dann?! Die UB Mannheim zeigt mit ihrem Blog, dem (versteckten) Konferenzblog und Ãœberlegungen zu Tagging zumindest, dass es auch anders geht. Die Pläne zum kritiklosen Einsatz von Primo überzeugen dafür weniger – wurden Alternativen wie Encore, VuFind, OpenBib etc. überhaupt ernsthaft in Betracht gezogen?

Als Tags für Beiträge zum Bibliothekartag schlage ich „bibliothekartag2008“ (genutzt hier, kein Tag bei netbib) und „#bibtag08“ vor – sowas sollte eigentlich auch auf der Webseite zur Veranstaltung vorgegeben und erklärt werden, sonst werden die Tags gar nicht erst verwendet, vergessen oder uneinheitlich benutzt – wie teilweise passiert zur Inetbib 2008: dort wurde mal getaggt mit Leerzeichen, mal ohne und mal ganz ohne Tag. Naja, Googles Volltextsuche wird es schon richten – aber dafür brauchen wir dann auch keine Bibliothekare mehr.

P.S: Beim Versuch mich anzumelden, gab das Registrierungssystem „>sogleich eine Fehlermeldung von sich, als ich meine Telefonnummer korrigieren wollte. Kein Wunder wenn das m:con Congress Center Rosengarten VisualBasic unter IIS verwendet 😉

UB Mannheim führt Social Tagging ein

21. Februar 2008 um 14:59 2 Kommentare

Das zweite Panel der Workshops Social Tagging in der Wissensorganisation am Institut für Wissensmendien am 21./22. Februar 2008 fasste vier Kurzvorträge unter dem Thema „Bibliotheken und Hochschulen“ zusammen.

Im ersten Vortrag führte Christian Hänger von der Universitätsbibliothek Mannheim mit „Tagging im Kontext Bibliothekarischer Sacherschließung“ an, welche Mehrwerte Social Tagging in Bibliotheken bringen kann, obwohl Bibliotheken Tagging in Form der kontrollierten Erschließung doch schon seit jeher betreiben. Durch Social Tagging können zum einen größere Mengen von Titeln zusätzlich erschlossen werden (zum Beispiel Artikel der Nationallizenzen). Zum anderen können neue Begrifflichkeiten schneller für das Retrieval verfügbar gemacht werden, während die Aufnahme neuer Begriffe in ein kontrolliertes Vokabular relativ lange dauert. Die Nachteile und Grenzens des Tagging bestehen jedoch nach Hänger in der höheren Unschärfe durch Homonyme und Synonyme und in schlechteren Ergebnissen als die Sacherschließung durch Experten.

An der UB Mannheim soll Social Tagging in einem kommenden DFG-Projekt in den OPAC eingebunden werden. Dabei soll unter Anderem untersucht werden, ob sich durch manuelles Tagging bessere Ergebnisse als durch automatische Erschließung erzielen lassen. Auch Misch- und Übergangsformen, wie zum Beispiel das Taggen mit Normdateien sollen ausprobiert werden. Als Tagging-Systeme werden sowohl BibSonomy als auch die Tagging-Funktion von ExLibris Primo eingesetzt.

Im Fazit brachte Christian Hänger seine Einschätzung bemerkenswert auf den Punkt: Tagging wird in Zukunft ein unverzichtbarer Bestandteil der bibliothekarischen Sacherschließung. Es ist jedoch kein Ersatz für bibliothekarische Sacherschließung, sondern eine Ergänzung.

Sicherlich lassen sich beide Aussagen bezweifeln: Möglicherweise ist Tagging für Bibliotheken irrelevant oder aber es wird die bibliothekarischen Sacherschließung überflüssig machen. Die Wahrheit lieht aber eher wie so oft in der Mitte – deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass die UB Mannheim (Blog) das Thema Tagging in Bibliotheken einfach mal in die Hand nimmt und ausprobiert anstatt es tot zu diskutieren, um am Ende den Entwicklungen hinterherlaufen zu müssen!