Filme des menschenverachtenden US-Irrsinns

8. Oktober 2007 um 23:59 1 Kommentar

Während mir in Venedig der diesjährige Gewinner des silbernen Bären der Internationalen Filmfestspiele (Redacted von Brian de Palma) überhaupt nicht gefallen hat, kann ich die eben auf Arte gelaufene Dokumentation Taxi zur Hölle (Taxi to the Dark Side, 2007) von Alex Gibney nur weiterempfehlen.

Redacted ist ein Dokudrama (fiktive Darstellung im Dokumentarstil), in dem nachgestellt wird, wie im März 2006 eine Gruppe von US-Soldaten in Samara ein 14-jähriges Mädchen vergewaltigten und sie mit und ihre Familie ermorden. Nach diesem Film ist einem eigentlich nur schlecht, während der Erkenntnisgewinn gering bleibt.

Taxi zur Hölle ist dagegen tatsächlich eine Dokumentation (d.h. nicht Dokutaiment wie zum Beispiel die Filme von Michael Moore). Der auf dem Tribeca-Filmfestival in New York mit dem Publikumspreis ausgezeichnete Film beschäftigt sich mit den Foltermethoden der Amerikaner von Afghanistan über Guantanamo bis Abu Ghraib und mit ihren ins Weiße Haus reichenden Hintergründe. An der Geschichte des zu Tode gefolterten afghanischen Taxifahrers Dilawar wird versucht zu erklären, welche Umstände dazu geführt haben, dass Jahrelang mit Billigung oder sogar auf Anordnung der Führung der USA gefoltert wird, so dass es das Land hinsichtlich der Menschenrechte inzwischen gut mit den Terroristen an Grausamkeit aufnehmen kann. Die Antworten sind zwar erschrecken, aber lehrreich und werfen ein Licht auf grundlegende menschliche Verhaltensweisen und Fehler des Systems. Sehr gut fand ich, dass auch die verurteilten Soldaten zu Wort kamen (alles nur die untersten Ränge, bislang wurde kein einziger Offizier, geschweige denn höhere Ränge angeklagt). So wurde deutlich, dass nicht nur sie allein als böse Monster verantortlich sind.

Als theoretische Hintergrundlektüre empfehle ich zum Verständnis Hanna Arendts „Eichmann in Jerusalem„. Während allerdings im Dritten Reich Gesetze den Beteiligten zur Rechtfertigung halfen, ist es beim „Kampf gegen den Terror“ umgekehrt: Gesetze werden absichtlich immer so an die Grenze des legitimierbaren forciert und in der Ausführung offen gehalten, dass bei gleichzeitig unrealistischen Erfolgserwartungen Folter vorprogrammiert ist – eine Strategie die (wenn auch zum Glück nicht auf Folter zielend) leider auch bei uns zu beobachten ist.

Bleibt zu hoffen (und dafür zu kämpfen!), dass irgendwann auch Cheney, Rumsfeld, Bush & Co die Verantwortung übernehmen müssen und dass die hinter diesem Irrsinn liegenden Strukturen nicht weiter Überhand nehmen.

Taxi zur Hölle wird am 17. und 27. jeweils um 3 Uhr Nachts auf arte wiederholt. Weitere Artikel zum Film u.A. beim Schockwellenreiter, Politblog und hrbxy.

Wiki-basiertes Video-Dokumentationssystem MediaVid

4. August 2007 um 23:09 Keine Kommentare

Professionelle Video-Dokumentationssysteme sind noch immer ziemlich teuer, erfordern Expertenwissen und spezielle Hardware und sind relativ unflexibel. Auf der Wikimania2007 wurde von Michael Dale mit MediaVid ein vielversprechendes Video-Dokumentationssystem vorgestellt, das webbasiert als Wiki funktioniert.

Die Erstellung und Verbreitung von Videos ist dank günstigen Equipments inzwischen nicht mehr Herrschaftswissen sondern steht prinzipiell jedem offen. Zur Popularität haben nicht zuletzt Web 2.0-Dienste wie YouTube & Co. beigetragen. Im Gegensatz zu diesen unterstützt die kommende Version von Metavid allerdings die Segmentierung von Videos und die Annotierung mit Metadaten – und das alles vollständig auf Basis von Open Source (MediaVid basierend auf MediaWiki mit der Semantic MediaWiki Extension).

Statt also für im Web darstellbare Videos nur einige freien Schlagwörter (Tags) zu vergeben, können Videos in einzelne Szenen zerlegt werden, zu denen beliebige Daten wie dargestellte Personen, Orte, Themen, Texte etc. in frei definierbaren Feldern verwaltet und durchsucht werden können.

Als Beispielanwendungen hat das Team von MediaVid Mitschnitte des amerikanischen Senats annotiert, wie sie C-SPAN gegen teures Geld anbietet. Auf diese Weise können beispielweise alle Erwähnungen von „drugs and medicines“ in Reden von Senatoren, die Spenden von Pharmaunternehmen erhalten haben, per RSS abonniert werden.

Die auf der Wikimania vorgestellte Version von MediaVid soll in etwa 1-2 Monaten veröffentlicht werden. Das sollten sich Videoaktivisten-Gruppen aber auch professionelle Mediendokumentare, wie zum Beispiel die Dokumentationsabteilung des Bundestages mal ansehen. Einen ersten Eindruck geben die Vortragsfolien und dieser Screencast (der allerdings noch nicht alle Wiki-Funktionen enthält). Weitere Informationen gibt es im MediaVid Wiki.