Wird dem Theseus-Projekt (100 Millionen) Geld für eine Begleitstudie hinterhergeworfen?
21. August 2007 um 23:48 1 KommentarBis zum 15.9. läuft eine Ausschreibung des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zu einer „Begleitforschung für das Forschungsprogramm THESEUS“ (ich berichtete bereits letzten Monat). Mit der Begleitforschung soll „sichergestellt werden, dass die Fördermaßnahme mit hoher Effizienz umgesetzt, die Qualität der wissenschaftlichen Arbeiten gesiÂchert und das im Rahmen von THESEUS gewonnene Know-How schnell verbreitet wird“. Ich stelle hiermit meine folgende Begleitstudie dem BMWi vorab und kostenlos zur Verfügung:
Im Projekt THESEUS wurden mit Hilfe vieler Buzzwords zahlreiche Berichte, Studien und Prototypen erstellt und 100 Millionen Euro Forschungsgelder an 30 Partner aus Industrie, Wissenschaft und Forschung verteilt. Ende der Studie.
Mal im Ernst: Evaluation ist ja eine gute Idee, aber ich Frage mich, ob einem Großprojekt (bei dem jeder Teilnehmern hauptsächlich für sich möglichst viel Renommee und Geld abgreifen möchte aber am Ende für nichts in die Verantwortung genommen wird), mit solch zusätzlicher Metaforschung (bei der doch wieder die Freunde und Bekannten der Auftragnehmer im Boot sitzen) beizukommen ist. Wenn schon großspurig in der Projektbeschreibung von Web 2.0 und Web 3.0 die Rede ist, dann sollte das auch bei der Planung und Begleitung des Projektes deutlich werden. Wie wäre es statt einer aufwendigen und intransparenten Begleitstudie (die eigentlich ja auch wiederum evaluiert werden müsste) mit einigen wenigen, klaren Regeln für alle Beteiligten:
§ 1) alle im Rahmen von Theseus entwickelten Computerprogramme und Programmbibliotheken werden als Freie Software veröffentlicht und im Laufe des Projektes als Open Source zur Verfügung gestellt, so dass sie von unabhängiger Seite evaluiert, weitergenutzt und weiterentwickelt werden können.
§ 2) alle im Rahmen von Theseus erstellten Dokumente (Berichte, Anleitungen, Dokumentationen, Digitalisate etc.) werden im Laufe des Projektes als Freie Inhalte veröffentlicht, so dass sie von unabhängiger Seite evaluiert, weitergenutzt und weiterentwickelt werden können.
§ 3) die unter § 2 genannten Dokumente umfassen insbesondere auch alle im Rahmen des Theseus-Projektes anfallenden Verträge, Protokolle, Absprachen und Standards, für die zusätzlich eine zeitnahe Veröffentlichung bindent ist, so dass die innerhalb des Projektes getroffenen Entscheidungen von unabhängiger Seite kommentiert und ihre Einhaltung kontrolliert werden können sowie Geldverschwendung und Korruption durch Transparenz vermieden werden.
§ 4) bei Verstößen gegen §§ 1-3 werden den Beteiligten Projektpartern die Fördermittel gekürzt.
Zu einfach? Naiv? Undurchsetzbar? Na dann fällt bei 100 Millionen das Geld zur Augenwischerei in Form einer konsequenzlosen Begleitstudie ja auch nicht mehr ins Gewicht.
Apropos naiv: Das BMWi fordert, dass „Für die Darstellung von Ergebnissen [der Begleitstudie] […] die bestehende Internetseite http://theseus-programm.de in Absprache mit der hierfür vom THESEUS-Programm-Büro beauftragten Agentur genutzt werden [soll]“.
Abgesehen davon, dass jede qualifizierte Studie angesichts dieser Forderung zum Ergebnis kommen sollte, dass Geld für eine „Agentur“ rausgeschmissen wurde, weil die Projektpartner zu inkompetent waren, ein CMS bzw. eine gemeinsame Kommunikations- und Publikationsplattform zu nutzen, wird diese Agentur bzw. das „THESEUS-Programm-Büro“ wohl kaum relevante Kritik auf der eigenen Seite ermöglichen. Oder veröffentlicht die Chinesische Nachrichtenagentur Xinhua plötzlich auch Nachrichten über Menschenrechtsverletzungen in China?
P.S: Letzten Freitag wurde Theseus auf der Veranstaltung „Wag the long tail“ des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft e.V Theseus „erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt“. Die dazugehörige Pressemitteilung wurde an verschiedener Stelle (u.A. heise) rezipiert – was die viertelstündige (sic!) Vorstellung durch Stefan Wess (Geschäftsführer der Bertelsmann-Tochter Empolis) enthielt, erfährt die Öffentlichkeit aber nicht. Bei Linuxworld schreibt schreibt dazu John Blau, der anscheinend dabei war.
Ein Kommentar »
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Ich stelle mich als Peer Reviewer Deiner völlig ausreichenden 3-Zeilen-Studie zur Verfügung und stempele mit „Prädikat: wertvoll“.
Comment by CH — 22. August 2007 #