Provokative Thesen zur Zukunft der (Hochschul)bibliotheken

17. März 2009 um 15:31 2 Kommentare

Das Taiga Forum, ein Zusammenschluss von US-Hochschulbibliothekaren hat in Anschluss an sein viertes Treffen im Januar diesen Jahres zum zweiten Mal seit 2006 (PDF) eine Liste von „Provocative Statements“ (PDF) vorgelegt. Darin wird prophezeit, was sich in den nächsten Jahren in und für Bibliotheken ändert. Obgleich die Thesen teilweise etwas radikal überspitzt sind („Wir werden all störben!“)* und vor allem auf US-Hochschulbibliotheken zielen, treffen einige Punkte doch auch für Bibliotheken im Allgemeinen zu. Mir sind vor allem zwei Themenbereiche aufgefallen (Zusammenfassung subjektiv gefärbt):

1. Die eigene Bestände einer Bibliothek verlieren an Bedeutung, da die meisten Inhalte über das Netz bereitgestellt werden. Sammlung und Erwerbung spielt nur noch für Spezialbibliotheken und Archive eine Rolle (These 2, 4 und 7).

2. Bibliothekarische Dienstleistungen werden in immer geringerem Umfang angefragt, Fachreferenten als direkte Ansprechpartner für Informationssuchende werden weiter an Bedeutung verlieren – stattdessen sollten sich Bibliotheken mit ihren Dienstleistungen dort positionieren, wo die Dienstleistungen benötigt werden, d.h. dort wie der Nutzer schon ist – und das ist in den seltensten Fällen das Bibliotheksgebäude (These 4, 5, 6 und 8 )

Weitere Beispiele und Details zu den Thesen gibt es in den Lightning Talk Slides, aus denen ich auch die Zeichnung übernommen habe.

Obgleich sie inhaltlich richtig sind, halte ich 5 Jahre für etwas zu kurz für solche Prognosen – relevante Techniken wie Internet und mobile Endgeräte setzen sich zwar schnell durch, benötigen aber dennoch einige Jahre, bis sie im Alltag als Gegeben vorausgesetzt werden. Eine Ãœbersetzung der Thesen von 2006 gibt es zusammen mit weiteren Gedanken dazu im Vortrag „Wer bewegt das Wissen? … in 10 Jahren“ (PDF), den Petra Hätscher auf dem Bibliothekstag 2008 gehalten hat.

* These 1: „each of us will evolve or die […] Librarians who cannot evolve will be reassigned or fired.“

2 Comments »

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  1. Die Welch Medical Library in Baltimore hat schon 2006 den Plan gefasst das Gebäude bis 2010 abzuschaffen, alle „körperlichen“ Medien zu entsorgen und alle Dienstleistungen Digital und vor Ort in den Forschungsinstituten anzubieten.
    Da gehen die Fachreferenten zum Beispiel mit den Ärzten zu den Patienten um dann im Anschluss die neusten Veröffentlichungen zu den aktuellen Problemen zusammenzustellen.
    http://www.welch.jhu.edu/about/management.html

    Comment by Anke Meyer — 17. März 2009 #

  2. Ich finde Bibliotheken als Archive sehr wichtig. Man sollte sich nicht zu sehr auf die Technik verlassen, weil uns z.B. im Falle einer Umweltkatastrophe die Energie ausgehen würde.
    Die Daten im Netz wären dann vorerst unerreichbar.

    Comment by Christian — 23. März 2009 #

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