Landtagswahl in Niedersachsen kurz erklärt

31. Dezember 2007 um 15:36 2 Kommentare

Weiße Werbewände, ein bunt beklebtes Wahlkampfauto und die Wahlbenachrichtigung haben mich heute darauf aufmerksam gemacht, dass am 27. Januar 2008 Landtagswahlen in Niedersachsen stattfinden. Die besten Informationen dazu gibt es nicht etwa von offizieller Seite, sondern auf www.wahlrecht.de zusammengetragen von Wilko Zicht, Martin Fehndrich und Matthias Cantow, die die sehr empfehlenswerte Seite privat betreiben. Vielen Dank den dreien! Auf der ebenfalls sehr empfehlenswerten Seite abgeordnetenwatch.de gibt es leider bislang nichts zum Niedersächsischen Landtag. Entscheiden über die mindestens 135 Sitze können etwa sechs Millionen Deutsche ab 18 Jahren, die ihren (Haupt-)Wohnsitz seit mindestens drei Monaten in Niedersachsen haben. Zur Wahl stehen jeweils ein Direktkandidat pro Wahlkreis und mit der Zweitstimme eine von 14 Parteien. Zusätzlich sind die Alternativen ungültig-zu-wählen und nicht-zu-wählen (Enthaltung) möglich, wofür sich bei der letzten Wahl (2003) jeweils 1% bzw. 33% der Wahlberechtigten bewusst oder unbewusst entschieden haben. Außerdem kann zwischen der Stimmabgabe vor Ort und Briefwahl entschieden werden. Abgesehen von einem theoretischen Volksentscheid war es das dann aber auch für die nächsten fünf Jahre.

Für einen Volksentscheid wären mindestens 600.000 Unterschriften (10% der Wahlberechtigten) für das Volksbegehren und anschließend mindestens 2 Millionen Dafür-Stimmen (25% der Wahlberechtigten) notwendig, weshalb bisher in Niedersachsen auch noch kein Volksentscheid stattgefunden hat. Daneben gibt es noch die Volksinitiative (mindestens 70.000 Unterschriften) als eine Art von „Hallo, Liebe Abgeordneten, könntet euch mal bitte kurz mit Thema X beschäftigen? Kein Interesse? Na dann halt nicht.“. Wenn die Initiative genügend Placebo-Wirkung hat und nichts kostet, könnte sie sogar umgesetzt werden, so wie 1994 als Gott in die Niedersächsische Verfassung aufgenommen wurde. Es ist also in der Praxis wahrscheinlich effektiver anderweitig Lobbyarbeit zu betreiben, Abgeordnete zu bestechen oder die Wahlen zu manipulieren.

Das Wahlverfahren zur Landtagswahl hatte eine CDU-Alleinregierung zur Wahl 1986 auf D’Hondt umgestellt, wodurch kleinere Parteien benachteiligt werden. Dafür hat die CDU 2003 die absolute Mehrheit im Landtag verfehlt, weil sie zu viele (sic!) Wahlkreise gewonnen hatte. Zu solchen Wahlparadoxien empfehle ich den Vortrag Wahlchaos – Paradoxien des deutschen Wahlsystems, den Markus Schneider auf dem 24C3 gehalten hat (Aufnahmen sollten hier zu finden sein).

Noch nicht herausgefunden habe ich, wie hoch die Anzahl der Wahlberechtigten in den einzelnen Wahlkreisen ist (in größeren Wahlkreisen zählt die Stimme des einzelnen Wählers weniger als in kleinen Wahlkreisen) und ob noch Wahlhelfer benötigt werden, sowie ob und wo mit Wahlcomputern gewählt wird. Dass und wie Wahlergebnisse mit Wahlcomputern einfach manipuliert werden können, wurde ausführlich unter anderem ebenfalls auf dem 24C3 demonstriert und soll hier nicht weiter ausgeführt werden.

Der Wikipedia-Artikel zur Landtagswahl Niedersachsen ist übrigens Müll.

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  1. […] und fälschungsanfälliger machen, wird nach einem Artikel der Welt vom 14.11.2007 bei der Landtagswahl in Niedersachsen darauf verzichtet. Allerdings ist der Einsatz in dem zuletzt am 25.11.2007 geänderten […]

    Pingback by Nachtrag zu Wahlcomputern in Niedersachsen « Jakoblog — Das Weblog von Jakob Voß — 6. Januar 2008 #

  2. […] Anlass der Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen am kommenden Sonntag hier noch einige Informationen über die weniger üblichen Optionen. […]

    Pingback by Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen ohne Wähler? « Jakoblog — Das Weblog von Jakob Voß — 24. Januar 2008 #

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