Mehr zu Schnittstellen von Bibliothekssystemen
14. September 2007 um 11:47 5 KommentareAngeregt durch eine Frage zu SNLP auf Inetbib habe ich anknüpfend an meine vorhergehenden Überlegungen etwas weiter im Netz nach Schnittstellen zu Bibliothekssystemen recherchiert. Leider steht der Grad deren Dokumentation im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Vielfalt. Die von Marshall Breeding publizierte Übersicht von Bibliothekssystemen ist auch nicht gerade vollständig, so hat er anscheinend von PICA noch nicht gehört. Deshalb erheben folgende Funde auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit:
Zunächst einmal sind als Suchprotokolle das altehrwüdige Z39.50 und dessen Nachfolger SRU/SRW zu nennen. Zum asynchronen Abholen von Metadaten gibt es OAI-PMH. OAI wurde im Rahmen der Open Access- Bewegung für Preprint-Server eingesetzt und wird noch immer vor allem für Dokumentenserver eingesetzt. Etwas zwischen Schnittstelle und Format ist OpenURL angesiedelt, das für Linkresolver entwickelt wurde und inzwischen mit COinS auch zur Übertragung von Metadaten verwendet wird.
Was weitere Schnittstellen angeht sieht es leider etwas dürftig aus was die freie Verfügbarkeit betrifft. Die SirsiDynix-Werbeseite auf der statt auf Dokumentation auf Fortbildungen verwiesen wird, finde ich da symptomatisch: Es gibt zwar überall etwas aber jedes System hat seine eigene Schnittstelle, auf die sowieso nicht von Außen zugegriffen werden kann. Dazu gehört auch das Simple Library Network Protocol (SLNP), welches als interne API für Bibliothekssysteme der Sisis Informationssysteme GmbH entwickelt wurde und inzwischen auch von anderen Systemen wie Aleph, Bibliotheca unterstützt wird, um die Fernleihe zu koordinieren. Das alles spielt sich aber rein intern ab und hat mit Web 2.0 und Bibliotheks-Mashups noch nichts zu tun.
Auch im Open-Source-Bereich sieht es nicht besser aus. Für Koha ist bislang nur eine API geplant und die OpenSRF benannte API des ebenfalls freien Evergreen ist in seiner Unübersichtlichkeit und Komplexität auch eher für interne Zwecke gedacht. Die Talis API (siehe Dokumentation) sieht ganz gut durchdacht aus und wäre wahrscheinlich für viele Anwendungen brauchbar, aber ich kenne kein Bibliothekssystem, das sie unterstützt – dass so im luftleeren Raum dauerhaft verlässliche Schnittstellen entstehen, bezweifle ich. Etwas besser sieht die Open Library WebServices aus, die Oliver Flimm zur Anbindung von SISIS-Systemen an OpenBib entwickelt hat.
Worauf ich jedoch warte sind weitere Schnittstellen, die ohne großen Aufwand als Webservices auch von Außen benutzt können. Beispielsweise wäre nicht nur für Anbieter wie Bücherwecker eine API hilfreich, mit der Nutzer ihre Ausleihen samt Rückgabedatum abfragen können. Glücklicherweise hat – wie dem Vortrag von Norbert Weinberger auf der GBV Verbundkonferenz zu entnehmen ist – auch OCLC die Zeichen der Zeit erkannt und will in Zukunft mit einem „WorldCat Grid“ mehr in Richtung Serviceorientierte Architektur gehen. Ich bin gespannt, was sich da alles ergibt.
Falls keine API existiert oder diese nicht ausreichend dokumentiert ist, muss man wohl erstmal direkt auf die interne Datenbank des Bibliothekssystems zugreifen und selber etwas stricken. Das ist in der Regel aber nur dem Anbieter möglich und stellt keine nachhaltige Lösung dar. Bei Horizon soll das ganz gut gehen, hab ich mir sagen lassen. Möglicherweise kann auch noch mehr aus den Katalogdaten rausgeholt werden, die über Z39.50 oder SRU erhältlich sind. Bei PICA-Systemen steht der Ausleihstatus eines Mediums (ausleihbar, ausgeliehen, Präsenzbestand…) zum Beispiel anscheinend in Feld 201@, so sicher bin ich mir da aber nicht.
Für weitere Recherchen zum Thema habe ich im GBV Wiki habe ich vor einigen Wochen etwas mehr zu Webservices zusammengesammelt.
5 Comments »
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Vielen Dank für deine intensive Recherche. Was ist denn eigentlich mit der XML-Schnittstelle des GBV? Oder ist die schon in einer deiner aufgezählten Schnittstellen enthalten?
Soweit ich mich erinnere hatte diese Schnittstelle den Nachteil, dass man entweder nur eine Kurzliste oder einen einzelnen Titel abfragen konnte.
Eigentlich weiß ich im Moment gar nicht, was so eine Schnittstelle „können muss“. Gibt es da irgendwo Anforderungen? Oder ist das einfach nur: Anfrage –> Ergenis mit Auszeichnung –> Gut?
Gruß,
Carsten
Comment by carsten — 15. September 2007 #
Die „XML-Schnittstelle“ von PICA ist meiner Meinung nach keine Schnittstelle, sondern eine undokumentierte Möglichkeit, an verschiedene Seiteninhalte in diversen XML- und Pseudo-XML-Formaten zu kommen. Schnittstelle ist was anderes. Was eine Schnittstelle können muss, hängt natürlich ganz von Einsatzzweck ab, ich bin da eher Anhänger mehrerer einfacher Schnittstellen für klar abgegrenzte Zwecke als alles in eins zu packen. Zum Durchsuchen von Katalogen ist SRU/SRW die zeitgemäße Wahl oder halt noch Z39.50. Auf jeden Fall muss eine Schnittstelle erstmal richtig dokumentiert sein, das sieht zum Beispiel so aus.
Comment by jakob — 16. September 2007 #
Hi Jakob,
als Ergaenzung: Die meisten ExLibris Produkte haben einen sogenannten X-Server als zusätzliche Schnittstelle, s. z.B. Aleph Ãœbersicht. Die Schnittstellen sind zwar proprietär, aber ganz gut dokumentiert. Allerdings ist die Dokumentation nicht frei verfügbar – kommerzielle Anbieter halt 😉
Und wenn wir schon bei Austausch-Schnittstellen sind, ist vielleicht noch ein Hinweis auf unapi von Interesse – die ist hier ja schon vor kurzem mal genannt worden. Leider gibt es anscheinend nur wenige Anwendung, die unapi unterstützt, dabei ist das Protokoll wunderbar schlicht, z.B. http://relativity.livingreviews.org/refdb/unapi?id=5176&format=bibtex. Und das Autodiscovery-Konzept macht strukturierte Metadaten für beliebige Applikationen nutzbar.
… und ausserdem vermute ich, dass RSS auch für Bibliothekssysteme noch an Bedeutung gewinnen wird….
Grüsse aus Muc,
inga
Comment by ioverka — 20. September 2007 #
Danke für die Hinweise – unAPI habe ich mir inzwischen mal angesehn und denke, dass ich es auch für den GBV verwenden werde, also beispielsweise
http://ws.gbv.de/unapi?id=XYZ&format=bibtex
es fehlen nur die Identifier (XYZ) – da kommen dann die geplanten Permalinks ins Spiel.
Zu RSS bin ich gerade über ein interessantes Posting von Peter Murray-Rust gestolpert, in dem er über ATOM und Sitemaps als Alternative zu OAI-PMH schreibt. Sitemaps wäre übrigens was für die Deutsche Nationalbibliothek zur Archivierung von Netzpublikationen.
Comment by jakob — 23. September 2007 #
[…] Die Angaben von COinS-Daten ist jetzt natürlich auch die Chance für MyBib, strukturierte Daten entgegen zu nehmen und die oben erwähnte Zwischenlösung endlich los zu werden. Kennt oder hat jemand einen PHP-Parser für COiNS? Auch Empfehlungen in anderen Skriptsprachen sind gerne willkommen. Was dann noch fehlt wäre dann die Angabe des Ausleihstatus. Darüber und über mehr zum strukturierten Zugriff auf den GVK schreibt Jakob Voß. […]
Pingback by COinS im lokalen Katalog « myBib Projekt-Blog — 12. Januar 2009 #