Länder, die es gar nicht gibt
16. März 2008 um 00:07 Keine KommentareJetzt weiß ich endlich, was das für eine Fahne war, die letzte Woche in Göttingen vor dem Rathaus (sic!) hing, es muss am Montag zum Jahrestag des Volksaufstandes in Lhasa gewesen sein. Am 21. März wurde der Aufstand damals blutig niedergeschlagen – momentan sieht es eher so aus, als ob sich das wiederholen könnte. Laut tagesthemen und Spiegel Online sollen sich die Demonstraten bis Dienstag selber bei der Polizei melden, dann werden sie wahrscheinlich ein bischen weniger gefoltert als jene, die erst später durch die Film- und Fotoaufnahmen identifiziert werden.
Am 22. März diesen Jahres sind in Taiwan Präsidentschaftswahlen und gleichzeitig wird ein Referendum darüber abgehalten, ob das faktisch seit Jahrzehnten unabhängige und seit 1987 demokratische Land sich zukünftig als „Taiwan“ statt als „Republik China“ um Aufnahme in die Vereinten Nationen bemühen soll. Der Antrag wird aber sowieso immer abgelehnt, da es niemand mit China verscherzen möchte. Weil die Deutsche Regierung beim Ablehnen immer brav mitmacht und auch in ihrer Tibet-Politik eher der Wirtschaft vor den Menschenrechten Priorität einräumt, gab es diesen Januar ein Lob aus Peking. Man muss jedoch zugeben, dass in Taiwan die Frage der Unabhängigkeit vor allem innenpolitisch mißbraucht wird. Wie es aussieht wird bei der Wahl die Opposition gewinnen, die inzwischen zu einem Boycott des Referendums aufruft. Mit Taiwans Unabhängigkeit hat das weniger zu tun als damit, dass der jetzige Präsident in den größeren Korruptionsskandal verwickelt ist als die Opposition. Eine Beschreibung der Taiwanesischen Verhältnisse (und das was die Taiwanesen tatsächlich interessiert) gibt es im Blog von Rüdiger Teichert.
Ähnlich wie Taiwan wird es dem Kosovo ergehen, eine genaugenommen völkerrechtswidrig von Serbien abgespaltene Region, die momentan ein eigener Staat wird, aber keinen Sitz bei den Vereinten Nationen bekommt und nur von einigen anerkannt wird. Im Gegensatz zu Taiwan ist die EU hier offener, schließlich wandert die Aufbauhilfe für den Kosovo wieder über Aufträge an Europäische Firmen, während Serbien sich lieber von Russland kaufen lässt.
Von Tibetern und Taiwanesen in Göttingen weiß ich nichts, habe dafür aber auf der Suche nach Göttinger Weblogs grade den Blog der Nepalesen in Göttinger entdeckt – das Land wird im Gegensatz zu Tibet, Taiwan und Kosovo von allen anderen Staaten anerkannt obgleich es auch kein Musterknabe ist. Was schließlich alle hier genannten vereinigt (selbst Göttingen) ist die Korruption, weshalb ich mein Geld auch lieber Transparency International spende als irgendwelchen letzendlich nationalistischen Freiheitsbewegungen. Der letzte Eintrag der Presseschau von TI verweist übrigens auf einen Artikel zum Korruption im Sport – womit sich der Kreis die fünf Ringe schließen.
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