Die Maker-Community Knowable.org
2. November 2012 um 09:08 1 KommentarÜber die Berichterstattung zur Retune-Konferenz bin ich auf das Berliner Startup knowable.org gestoßen, dessen Gründer Simon Höher auf der Retune einen Vortrag gehalten hat. Retune ist eine Platform zum Austausch von Bau- und Bastelanleitungen, also so ähnlich wie Instructables, WikiHow, Make: Projects und ähnliche Seiten. Knowable.org vergleicht sich allerdings lieber mit GitHub und mit physischen Hackerspaces. Was bedeutet das und was ist das Besondere an der Plattform?
1. Die auf Knowable veröffentlichten Projekte sind unter CC-BY-SA lizensiert. So können Teilnehmer beispielsweise auf Inhalte von Wikipedia und Wikibooks zurückgreifen (und umgekehrt).
2. Die Anleitungen sind absichtlich einfach gehalten. Dass eine Beschränkung des Umfangs vorteilhaft sein kann hat schon Twitter gezeigt. Bei Knowable besteht jeder Schritt einer Anleitung aus bis zu 320 Zeichen und ggf. einem Bild fester Größe, wodurch das Layout der Seite einfach bleibt. Lediglich die Möglichkeit, zu jedem Schritt einzelne Hyperlinks hinzuzufügen, z.B. auf Quellcode und exakte Maßzeichnungen, würde ich noch aufnehmen.
3. Anleitungen können von allen Nutzern bearbeitet werden. Dabei hat jeder Nutzer seine eigene Version, die von anderen übernommen, verworfen oder weiterentwickelt werden kann. Mit diesem Prinzip einer verteilten Versionsverwaltung unterscheidet sich Knowable von ähnlichen Wiki-basierten Seiten wie bildr.org und Wikibooks.
Leider ist der letzte Punkt noch nicht umgesetzt. Ich wünsche mir allerdings auch lieber ein durchdachtes Datenmodell als eine schnelle Lösung, die später Probleme bereitet. Beispielsweise sollte klar sein wie Projekte mit ihrer Versionsgeschichte im- und exportiert werden können und wie Diffs zwischen zwei Versionen aussehen können. Dies ist nicht trivial, wie folgendes Beispiel zeigt (wer kein Interesse an Datenmodellierung hat, möge jetzt aufhören zu lesen):
Eine Möglichkeit zur Kodierung von Anleitungen wäre das Dateiformat oManual. Die Versionsgeschichte ließe sich in einem git-Repository speichern, dass der Ordnerstruktur von oManual entspricht. Das von oManual benutze XML-Format eigent sich jedoch nicht gut, um Änderungen darzustellen. Ein wesentlicher Grundsatz, der für Dateiformate in Versionsverwaltungen eingehalten werden sollte ist die Beschränkung auf das Wesentliche durch Normalisierung. Beispielsweise ist folgendes oManual-Fragment nicht normalisiert:
<step number="1">...</step> <step number="2">...</step>
Der größte Teil des XML-End-Tags (/step>
) ist prinzipiell redundant, so ist XML aufgebaut. Die Nummerierung der Schritte ergibt sich eigentlich automatisch aus der Reihenfolge, so dass das „number“-Attribut redundant ist. Außerdem müsste die Nummerierung aller folgenden Schritte geändert werden, wenn zwischen Schritt 1 und Schritt zwei ein weiterer Schritt eingefügt wird. Aus diesem Grund tendiere ich zu kompakten textbasierten Formaten (wie z.B. Markdown), aus denen sich bei Bedarf verschiedene Formate in JSON, XML, RDF etc. erzeugen lassen.
Ein kleiner Tipp an die Entwickler von Knowable.org: Achtet auf die Normalisierung von Leerzeichen und verschiedenen Unicode-Formen (NFC) und vereinheitlicht auch die Bilddateien (incl. Metadaten). Außerdem ließe sich die Bildeinbindung über die MediaWiki-API mit Wikimedia Commons anbinden. Dabei sollte zu jedem Bild grundsätzlich eine Quelle (URL) und ein Autor angegeben werden können, um der CC-BY-SA Lizenz genüge zu tun und um einen Verweis auf hochauflösende Versionen der Bilder zu haben. Für die Erschließung der Anleitungen mit Tags und Werkzeugen kommt auch Wikipedia/DBPedia in Frage, um gleich ein kontrolliertes Vokabular zu haben.
P.S.: Es gibt übrigens noch einige andere Projektseiten, bei denen einige Inhalte unter einer freien Lizenz veröffentlicht sind, z.B. bei Fritzing Projects und Thingiverse. Wenn Knowable.org tatsächlich sowas wie GitHub für physische Dinge wird, sollten sich Projekte von anderen Plattformen übernehmen und weiterentwickeln lassen.
Ãœbersicht Social-Cataloging-Plattformen
12. Oktober 2009 um 22:39 4 KommentareAnknüpfend an die inzwischen schon etwas veraltete Übersicht webbasierter Literaturverwaltung und an die provokante Frage, ob und wie Bibliotheken das Katalogisieren lieber den Nutzern überlassen sollten, habe ich zusammen mit Silvia Czerwinski folgende Übersicht von Social-Cataloging-Plattformen zusammengestellt. Ausgenommen sind an dieser Stelle Dienste zur gemeinsamen (wissenschaftlichen) Literaturverwaltung wie Mendeley, CiteULike, Connotea und BibSonomy sowie webbasierte OpenSource-Software wie WIKINDX und Aigaion.
Die größten Social-Cataloging Plattformen für Bücher sind LibraryThing und GoodReads gefolgt von ähnlichen Dienste wie aNobii (benannt nach dem Bücherwurm Anobium Punctatum) und Shelfari. Im Open Library Project wird ebenfalls gemeinsam katalogisiert, wobei automatische Massenimports den Großteil ausmachen. Daneben gibt es Buch-Communities wie weRead (vor allem verbreitet in Sozialen Netzwerken wie Facebook, Orkut, MySpace etc.), bookJetty und BookCrossing sowie aus dem deutschsprachigen Raum Quillp und Lovelybooks. Bei diesen Communities handelt es sich jedoch nicht um vollständige Katalogisierungsplattformen, da hier nur persönliche Listen, Bewertungen und Kommentare zu bereits vorhandenen Büchern angelegt werden können. Dafür bietet Quillp die Möglichkeit, eigene Manuskripte hochzuladen und von anderen Lesern bewerten zu lassen. Die Verknüpfung mit Bibliotheken ist vor allem bei LibraryThing und bei bookJetty ausgeprägt.
Die Inhalte des größten und einflussreichsten Filmkatalogs, der Internet Movie Database (IMDb), werden ebenfalls von den Benutzern gesammelt. ImDb ist im Besitz von Amazon.com, das auch Shelfari und über Abebooks eine 40%ige Beteiligung an Librarything hält. Weitere Film-Communities ohne Katalogisierungsmöglichkeit sind u.a. Flixster und Criticker.
Zur gemeinschaftlichen Katalogisierung von Audio-Publikationen (vor allem Musik) gibt es Discogs, MusicBrainz, MusicMoz und freeDB. Im Gegensatz zu reinen Musik-Communities wie Last.fm und Rate Your Music steht nicht die Bewertung, Kommentierung und Gruppierung von Musik im Mittelpunkt, sondern die Erschließung von Künstlern, Gruppen, Stücken, Veröffentlichungen und Herausgebern. Eine Zusammenarbeit mit Institutionen wie dem Deutschen Musikarchiv oder der GEMA findet – abgesehen von der gegenseitigen Verwendung als Quelle – bislang nicht statt.
Herausragend in der Tiefenerschließung sind Social-Cataloging-Plattformen für Spezialbereiche, wie zur Katalogisierung von Comics (Grand Comic-Book Database), Computerspielen (MobyGames) oder Animes und Mangas (MyAnimeList). Hier zeigt sich, dass engagierte Nutzer in Masse einfach unschlagbar sind: ebenso wie Wikipedia dank Tausender von Freiwilligen umfangreicher und detaillierter als jede herkömmliche Enzyklopädie werden konnte, können spezialisierte Social-Cataloging-Plattformen wie LibraryThing, IMdB und die Grand Comic-Book Database ihren Sammlungsgegenstand umfangreicher und tiefer erschließen als es eine überschaubare Zahl von Bibliothekare oder Dokumentare je schaffen – allerdings nur unter der Vorraussetzung, dass eine kritische Masse und eine leistungsfähige und einfach zu bedienende Katalogisierungsoftware vorhanden sind.
Aggregation von Metadaten aus Social Software-Diensten mit Aloe
3. April 2008 um 18:33 1 KommentarIm Vortrag „Sagt wer? Metadaten im Web“ auf der re:publica 08 sprach Martin Memmel darüber, „wie Daten von Experten, Maschinen und Endusern kombiniert“ werden können. Dabei stellte er das Projekt Aloe vor (link), in dem am DFKI Metadaten aus verschiedenen Quellen kombiniert und annotiert werden können. Alle Funktionen sind auch als Webservice verfügbar. Interessant sah die im Vortrag vorgestellte Tagging-Funktion aus, die Tag-Vorschläge aus mehreren Tagging-Diensten zusammenführt. Mehr dazu in den Vortragsfolien bei Slideshare.
Wirklich interessant werden solche aggregierenden Dienste meiner Meinung nach erst, sobald sich offene Standardformate zum Austausch von Kommentaren, Bewertungen, Tags etc. und anderen Metadaten durchsetzen. Bisher nicht bekannt in diesem Kontext war mir APML. Ein kritischer Punkt, der am Ende heftig diskutiert wurde, sind die Rechte an Metadaten und was juristisch und moralisch möglich und vertretbar ist. Ist es beispielsweise legitim, aus verschiedenen Social Networking-Plattformen soziale Graphen zusammenzuführen und weiterzugeben? Welche Rechte an Metadaten kann es überhaupt geben und welche lassen sich überhaupt durchsetzen? In jedem Fall spannend, wie es mit der Zusammenführung von Daten aus verschiedenen Diensten weitergeht.
Morgen nimmt Martin Memmel auch noch am Panel Social Media in der Wissenschaft teil, wo die „Möglichkeiten und Grenzen einer Wissenschaft 2.0“ diskutiert werden.
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